Auf der Suche nach Informationen über den Familiennamen Schweichler findet sich in den APGs ein Aufsatz von Helmut Walsdorff zur Geschichte des Kirchspiels Heiligenwalde und über die Einwohner von Kalkeim 4). Darin entdecke ich weiterführende Hinweise zu Schweichler: daß sie dort seit dem 16. Jh. ansässig sind und der erste Besitzer des Familiengutes der Glocken- und Geschützgießer Heinrich von Schwichel ist. Es gelingt der eindeutige Nachweis, daß Johann Friedrich Schweichler aus Damerau in Kalkeim geboren ist. Durch die klar zu belegenden Besitzverhältnisse des fast 300 Jahre im Eigentum der Familie Schweichler stehenden Gutes in Kalkeim ist Heinrich von Schwichel eindeutig als Vorfahre anzusehen. Ich bin neugierig geworden und konzentriere meine Forschungen auf diesen Heinrich von Schwichel, fahnde nach weiteren Hinweisen in entsprechender Literatur und schaue in Originaldokumente im GStAPK 5). Wer ist dieser Heinrich, wie hat er gelebt, welche Lebenszeugnisse hat er hinterlassen, woher kommt er, in welche Familienzusammenhänge läßt er sich einordnen? Und wie ist aus von Schwichel dann der Name Schweichler geworden?
In der Altpreußischen Biographie finde ich den nächsten gedruckten Hinweis auf Heinrich: „van Swichel (von Schwichel), Henrich (Hinnerik, Heinrich), † nach 1537; v.S. war Büchsenmeister, Büchsen- und Glockengießer und von 1515 bis 1537 nachzuweisen. Er war vom Meister in Livland zum Hochmeister geschickt und von diesem als Diener auf Lebenszeit verpflichtet worden. Er erhielt im September 1515 Paßbriefe, um seine Frau, die sich damals in der Stadt Kampen aufhielt, mit Hab und Gut nach Preußen holen zu können. v.S. wurde 1516 dem Erzbischof von Magdeburg als Glockengießer namhaft gemacht und 1519 wieder nach Livland empfohlen. Er scheint jedoch in Preußen geblieben und nach der Säkularisation in die Dienste des Herzogs getreten zu sein. Denn er erhielt auf seine Bitte hin im März 1537 die Genehmigung, das Dorf Seken (auch Sefen geschrieben) bei Kreuzburg, das ihm zur Belohnung für seine Dienste verliehen war und das er seiner Schwachheit halber nicht mehr besetzen und halten konnte, an Crafft von Vestenberg zu verkaufen. Er beabsichtigte damals, mit seiner Familie in ein Haus zu ziehen, das er an einem nicht genannten Ort von Valentin Spilman gekauft hatte. Nach dem ersten Weltkrieg waren in Ostpreußen noch fünf vom ihm gegossene Glocken vorhanden, und zwar je eine in Marienthal, Krs. Rastenburg (1518), in Thierenberg, Krs. Samland (1522) und in Böttchersdorf, Krs. Bartenstein (1525) und zwei in Medenau, Krs. Samland (beide 1521).“ 6)
Es werden dazu Quellen benannt, die sich bei Herausgabe des Biographiebandes im sogn. Archivlager Göttingen befinden und heutzutage in das GStAPK eingegliedert sind. Außerdem wird auf das Buch „Beiträge zur ostpreußischen Glockenkunde“ von Richard Dethlefsen 7) verwiesen, worauf ich noch zurückkommen werde. Ich mache mich im Archiv in Berlin-Dahlem an die Arbeit, durchsuche Findbücher und fordere Akten zur Einsicht an. Die gefundenen Archivdokumente in Verbindung mit den Glockenfunden vermitteln folgendes Bild in chronologischer Reihenfolge:
12.09.1515
Der Brief des HM an den Bürgermeister der Stadt Kampen ist im Originalwortlaut in vielerlei Hinsicht bedeutsam: “...wie er sich vor ettlicher Zeyt bey euch mit eynem elichem gemahell, der Ime Dan biß her vorgehalte, versehenn hab, nu hatt sich gemelter unßer Diener sein lebenlang zu unns Zu Dienst verschrieben und begeben, und uns mit fleissig demüttig Bethe, Ime ein genedige furschryfft an euch, damit Ime solcher sein gemahell, sampt Iren Hab und gutten volge mug zuthun gesucht, die wir Ime nicht haben wyssen abzuschlaenn, ...“
Es stellt sich zunächst die Frage, welche Stadt „Campenn“ gemeint sein könnte. Es geht hier eindeutig um eine ordentliche Stadt mit den damals üblichen Gremien der Selbstverwaltung mit Bürgermeister und Rat. Heutzutage fällt uns möglicherweise als erstes der Ort Kampen auf Sylt ein, der jedoch vor 500 Jahren die Suchkriterien bei weitem nicht erfüllt und womöglich noch nicht einmal existiert hat. In Holland gibt es eine Stadt Kampen an der Ijssel, an einem Zufluss zum Ijselmeer gelegen, eine wohlhabende Hansestadt mit jahrhundertealten Handelsverbindungen nach Preußen und in die baltischen Länder. Mit dieser Stadt führt der Orden seit hochmittelalterlichen Zeiten einen regen Schriftverkehr und erscheint mir daher als der einzige passende Ort.
Was erfahren wir noch aus dem oben genannten Schreiben: Heinrich ist seit „ettlicher Zeyt“ verheiratet mit einer „Gemahel“ in Kampen, welcher von ihrer Familie zunächst nicht in die Fremde nachzureisen gestattet wird. So muß sich Heinrich überzeugende Unterstützung von seinem Dienstherrn erbitten. Der möchte einen tüchtigen Gießer im Lande halten und veranlaßt den Bürgermeister der Stadt Kampen dahingehend zu kooperieren, daß „nicht volge lassen wollet dasselbig nicht gestatten und Euch damit Ime sein elicher gemahel volge mug, gutwillig beweißenn wollen wir in gleichem fall umb euch beschulde unnd in genaden erkennen dar vor.“ Man wolle sich im Gegenzug bei passender Gelegenheit ebenfalls gutwillig erweisen. Und die regelmäßigen Handelsbeziehungen geben dazu Gelegenheit. Es gibt immer wieder Auseinandersetzungen um säumige Zahlungen, rückständige Abgaben, gepfändete Handelsgüter und festgehaltene Schiffe.
Überzeugend für die sorgenvollen Schwiegereltern mag wohl die Versicherung der In-Dienst-Nahme durch den Hochmeister des Ordens gewesen sein. Wenn man dennoch die Tochter vor allem mit ihrem Hab und Gut, also einer nennenswerten Mitgift, nicht in den fremden Osten gelassen hat, mag sanfter Druck von seiten des Kampener Rates nachgeholfen haben.
Noch ein weiterer, sehr bedeutender Gesichtspunkt spricht für die Stadt Kampen in Holland: dort lebt der zu seiner Zeit ungemein erfolgreiche Glocken- und Geschützgießer Geert van Wou oder Meister Gherardus de Wou (1450-1527). Aus campanologischer Sicht ist er der bedeutendste Meister seiner Zeit. Er hat Glocken in Osnabrück, Hamburg, Stendal, Lüneburg, Kalkar, Münster, Xanten, Erfurt, Recklinghausen, Braunschweig, Hagen/Westf. gefertigt, um nur die wichtigsten im heutigen Deutschland zu nennen. Geert van Wou ist berühmt für seine vollkommen klingenden, harmonisch gestimmten Glocken. Meister Geert unterhält auch Geschäftsverbindungen zu Wolter von Plettenberg nach Livland. Um 1501 werden Geschütze dorthin geliefert, die in Auseinandersetzungen mit angreifenden Russen zum Einsatz kommen. Taugliche Kanonen, die nicht bei den ersten Schüssen zerbersten und auch einigermaßen treffsicher einzusetzen sind, können kriegsentscheidend sein. Außerdem ist zu erwähnen, daß 1509 Johannes Schonenborch, ein Stiefsohn des Geert van Wou, in Riga Glocken gegossen bzw. dorthin geliefert hat 14).
Aus diesen Zusammenhängen läßt sich vermuten, daß Heinrich von Holland aus nach Livland gelangt ist und daß er bei Geert van Wou seine Fähigkeiten erworben und mitgearbeitet haben könnte. Auch aus glockenkundlicher Sicht läßt sich diese Vermutung bestätigen. Der Vergleich des Herstellungsstils und die noch 1919 vom preußischen Landeskonservator Richard Dethlefsen betonte besondere musikalische Qualität der Glocken deuten auf den berühmten holländischen Lehrmeister, auch wenn Dethlefsen diese Zusammenhänge offenbar unbekannt gewesen sind.
Der in campanologischer (glockenkundlicher) Hinsicht sensationell erscheinende Zusammenhang zwischen Heinrich von Schwichel und Geert van Wou läßt sich jedoch bisher nicht durch eindeutigere schriftliche Quellen belegen. Eine Forschungsreise nach Holland in das Gemeentearchief Kampen hat leider keine sachdienlichen Funde zu Tage befördert.
Es gibt dort aus der in Frage kommenden Zeit nicht viel Material, keine leicht zu recherchierenden Einwohner- oder Steuerlisten, keine Ratsprotokolle mit Verweisen auf den Eingang eines hochmeisterlichen Schreibens aus Preußen. Mitarbeiter von Geert van Wou werden in den spärlichen Kampener Quellen in der betreffenden Zeit 1500-1515 nicht erwähnt. Wenn denn der weithin unbekannte preußische Glockengießer Heinrich von Schwichel überhaupt in campanologischer Fachliteratur Erwähnung findet, dann bisher ohne jegliche Zuordnung zu einem Meister.
In dieser Zeit soll Meister Heinrich auch als Gießer einer Glocke in Groß Ottenhagen im Kreis Königsberg Land tätig gewesen sein. Die Kirche hatte drei Glocken: eine kleine ohne Inschrift, eine aus dem Jahre 1606 und eine aus vorreformatorischer Zeit mit der folgenden Inschrift: Hilf / got / maria / ich rot / Al En / cristen / Selen / got/ gebot / jodoc /m.v.re.iii / bin / ich / gen(a)nt /allen elenden / sellen / sei / frei / meiner / clang16) Die Angaben „maria ich rot“ statt „maria berot“ sowie die merkwürdige Jahreszahl lassen Lese- und Übertragungsfehler der nicht mehr erhaltenen Glocke vermuten. Da Meister Heinrich zudem diesen Inschrifttypus in der Regel nicht verwendete, bleibt seine Urheberschaft fraglich.17)
In das Jahr 1515 läßt sich auch eine Glocke in Heiligenwalde im Kreis Königsberg datieren: IN GOTTES LOB EVICKLICH / ALLEN GELAUBIG SELLEN / TROSTLICH BIN GEFREIT ICH / EIN HURKINT EIGET MICH / MCCCCCCXV. 18) Diese Glocke wurde 1855 umgegossen und der Glockenspruch glücklicherweise festgehalten. Auffällig ist hier der absolut unübliche Text mit zu vermutenden autobiographischen Anteilen. Auch wenn der Name des Gießer nicht enthalten bzw. nicht aufgeschrieben ist, so lassen sich im Gesamtzusammenhang Bezüge herstellen, auf die ich noch zurückkommen werde.
Zusammen mit dem Brief nach Kampen (Sept. 1515) werden für Heinrich Paßbriefe für seine Reise zur Heimholung seiner Ehefrau ausgestellt: „Sonnabent und tag brigidy, Ist unnßrem Hoff Diener lieben unnd getreuenn, mayster Haynrich von Schwichell, Buxengiesser, ain Paß Brieff uber Sehe gegebenn worde ...” und „Montags nach Brigidy Ist unßerm Buchsengiesser und lieber getreuer, Maist[er] Heinrich von Schwichell, In seinen gescheffte und farht, gen der statt Campann ein Paßbrieff gebenn word[en] uber sehe [über See], ...”19)
Erzbischof Albrecht ist der 6 Jahre jüngere Bruder des brandenburgischen Churfürsten Joachim I. in Berlin. Er kam 1490 im Schloß zu Cölln an der Spree zur Welt und steigt zu einem der mächtigsten Männer im Reich auf: seit 1513 Erzbischof von Magdeburg und Administrator des Bistums Halberstadt, seit 1514 Erzbischof und regierender Churfürst von Mainz, 1518 geht auch der Kardinalshut an ihn. Gleichzeitig stehen ihm die Primaswürde und die Rechte eines Erzkanzlers im Reich zu. Erzbischof Albrecht ist nach dem Kaiser der bedeutendste Mann im Reich! Durch die Ämterhäufung vereinigt sich in seiner Person geistliche und weltliche Macht in bisher nie gekanntem Umfang. Die Ämterhäufung ist mit unangemessen hohen Zahlungen in die päpstliche Kasse nach Rom verbunden, die nur durch forcierten Ablassverkauf zu sichern sind, was letztlich den Zorn Luthers mit den bekannten Folgen hervorruft.
Hochmeister Albrecht entstammt dem fränkischen Zweig des Hauses Hohenzollern, wurde in Ansbach im gleichen Jahr (1490) geboren und 1511 sicherlich wegen seiner Verwandtschaftsbeziehungen zum polnischen Königshaus auf den Hochmeisterstuhl berufen.
Beide Albrechts sind Cousins und haben einen gemeinsamen Großvater: Albrecht III. Achilles (1414-1486), Churfürst in Berlin und Markgraf von Brandenburg-Ansbach. Die Väter beider Albrechts sind die Brüder:
- Johann Cicero (1486-99), Churfürst von Brandenburg in Berlin residierend und
- Friedrich II. (1460-1536), Marggraf in Ansbach und Kulmbach. Friedrich II. hat mit seiner Gemahlin Sophia von Polen (Tochter König Kasimirs von Polen und Elisabeth von Habsburg) 17 Kinder, versucht nach dem Tod seines Bruders 1499 -erfolglos- Regentschaftsansprüche auf den Churfürstenthron in Berlin durchzusetzen und wird 1515 wegen seines über die Maßen aufwendigen Lebensstils von zweien seiner älteren Söhne in der fränkischen Plassenburg ab- und gefangengesetzt. Zu der Zeit ist das 8. Kind aus jener Linie, Albrecht, bereits seit 4 Jahren Hochmeister in Königsberg.
Hier deutet sich das erste Mal die spätere Lautverschiebung im Namen Schwichell an. Statt der in der Anfrage vorgegebenen Schreibweise Schwichell antwortet man aus Halle wie selbstverständlich mit der Schreibvariante Sweichel. Festzuhalten bleibt, die Gießerkarriere findet beim Erzbischof keine Fortsetzung, zumindest nicht nach den bisher aufgefundenen Quellen.
Im Januar 2010 erreicht mich völlig überraschend eine Nachricht aus Polen, daß diese Glocke noch wohlerhalten an ihrem ursprünglichen Ort hängt 26), der heute Kosakowo heißt. Bisher ist es die einzige Kunde dieser Art. Ob die anderen Glocken Heinrichs, die Dethlefsen 1919 in seiner Glockenkunde noch beschreibt, den 2. Weltkrieg überstanden haben, muß nach Lage der Dinge bezweifelt werden. Als Beispiel für das Schicksal der Kirchenglocken im russisch besetzten Ostpreußen mag hier die Situation in Medenau stehen: „Trotz der heftigen Kämpfe in der Umgebung blieb die Kirche unversehrt. 1947 aber brannte sie bei dem Versuch, die Glocken zu entfernen aus und wurde kurz darauf gesprengt. Seit dem sind nahezu unverändert Fragmente der Nordmauer, des Turmes und des Chores erhalten.” 27) In Medenau hat Heinrich 1521 Glocken gegossen (siehe weiter vorn in der chronologischen Reihe).
In einem der Revaler Missivbücher des 16. Jh. befindet sich eine Briefabschrift vom 21.07.1519: die Stadt Reval entschuldigt sich auf Bitte der Vormünder der St.Olai-Kirche beim HM wegen des langen Aufenthaltes von Glockengießer Heinrich in Reval. Im gleichen Text wird auch die Ursache, das Gießen von zwei Glocken für St. Olai, erwähnt.32) Eine andere Quelle berichtet, der Revaler Rat bittet 1519 den Bischof von Dorpat und Reval, er möge zur Einweihung der zwei neuen Glocken zu St. Olai erscheinen.33) Heinrich hat also sein Ausbleiben durch den Rat der Stadt entschuldigen lassen und wird wohl nach Fertigstellung des sicherlich lukrativen Glockenauftrags im Sommer 1519 mit „ettlich last” von Reval nach Königsberg zurückgesegelt sein. In Livland wird damals auch schwedisches Erz (Osemundt genannt) gehandelt, was für Rüstungsbedarf in Preußen von Nöten gewesen sein dürfte. Im damaligen Sprachgebrauch ist „Last“ auch eine Gewichtseinheit für schwere Güter. Die persönlichen Habseligkeiten Heinrichs sind sicherlich nicht damit gemeint.
Im gleichen Jahr ist Heinrich auch in Schippenbeil, Kreis Bartenstein tätig gewesen. Hier hinterlässt er eine Glocke mit folgender bemerkenswerter Inschrift: ICH BIN SO VRI ALS DER WINT . DE MI EGHENT DAT IS VAN ARDEN EN HORKINT . HENRICH VAN SVICHEL GOS MICH . MCCCCCXXI „Ihr Durchmesser betrug unten 2½, der Umfang 7½ Berliner Ellen. Der Größe wegen wurde sie nicht gezogen, sondern nur mit dem Hammer angeschlagen. Im selben Jahr ist noch eine mittlere Glocke gegossen worden, die aber bald einen Riss erhielt und dann umgegossen werden musste.“37)
Die genannte große Glocke wird bei Dethlefsen nicht mehr erwähnt, weil sie im 19. Jh. umgegossen wird und 1919 nicht mehr existiert. Es ließe sich noch hinzufügen, daß aus Briefen im GStAPK hervorgeht, daß in Schippenbeil zu Kriegszeiten nicht mehr intakte Glocken für die Geschützgießerei verwandt werden, die nach Kriegsende durch Heinrich wieder neu zu gießen sind. 38) Die so völlig aus dem üblichen Rahmen fallende Glockeninschrift gibt zu Spekulationen Anlaß. In dieser Stelle wird auf die sehr ähnlich lautende Inschrift der Glocke von Heiligenwalde aus dem Jahr 1515 hingewiesen (siehe weiter oben). Eine Nachfrage bei Campanologen bestätigt den absolut eigenständigen Gehalt der Glockenbeschriftung, welcher in dieser Art sonst nirgendwo anders bekannt zu sein scheint. Verbirgt sich hier ein verschlüsselter biographischer Hintergrund? Hat Heinrich von Schwichel(l/d/t) doch einen familiären Bezug zu dem im Raum Hildesheim ansässigen, ansehnlich begüterten Rittergeschlecht derer v. Schwicheldt39)? Helmut Walsdorff geht in seinem Aufsatz davon aus.40) Ich kann jedoch seine Vermutungen durch meine Recherchen nicht bestätigen, so sehr ich mich auch bemüht habe. Die publizierten Stammtafeln der Familie v. Schwicheldt 41) weisen keinen schlüssigen Bezug auf, obwohl der Vorname Heinrich darin mehrfach im 15. Jh. auftaucht.
Allerdings ist es in der damaligen Zeit undenkbar, daß ein Mitglied eines adelsstolzen, Burgen und Schlösser besitzenden Rittergeschlechts einen Handwerksberuf ergreift und dadurch seine Standesrechte in Frage stellt. Eine illegitime Geburt im Umfeld dieser Familie erscheint möglich, kann jedoch bisher nicht belegt werden. Der Diskussion des Namens muß hinzugefügt werden, daß im frühen 16. Jh. noch keine „genormten“ Formen hinsichtlich Adelsnamen bestehen wie in späteren Zeiten. Das Prädikat „von“ kann auch ganz schlicht auf einen Herkunftsort hinweisen, ohne notwendigerweise ein Kennzeichen von Adel darzustellen.
Der mittelalterliche erste Stammsitz derer v. Schwicheldt liegt im gleichnamigen Ort Schwicheldt bei Peine in Niedersachsen. Möglich, daß Heinrich sich einfach nach seinem Geburts- oder Herkunftsort nennt, was aber nicht notwendigerweise einen Bezug zum erwähnten Rittergeschlecht ausschließt. Wenn Heinrich seinen Namen tatsächlich mit einer legitimen Geburt und mindestens 16 adeligen Vorfahren hätte nachweisen können, so wären ihm im Ordensland Preußen oder auch in Livland ganz andere Karrierewege eröffnet worden. Allerdings muß man in den deutschen Ländern auch eine ordentliche eheliche Geburt nachweisen, um ein Handwerk den Regeln der Zunft gemäß zu erlernen. Vielleicht gelingt es Heinrich deshalb nur im fernen Holland, vielleicht mit der Zahlung eines nennenswerten Lehrgeldes aus der Kasse seines möglicherweise hochwohlgeborenen Vaters, einen anständigen Beruf zu erlernen. Die Familie v.Schwicheldt stirbt 1908 im Mannesstamm aus. Hat sich über einen illegitimen Abkömmling jener Familie ein sozusagen ostpreußischer Seitenzweig fernab der Stammlande länger gehalten?
1549 tritt die Witwe Heinrichs durch einen Brief in Erscheinung (siehe weiter unten). Sie heißt Margareta. Ob die oben genannte Glockenwidmung auf Annordnung geschieht, oder ob Heinrich hier wieder Freiräume auszuschöpfen und persönliche Bezüge einzuflechten weiß, bleibt offen. Nun ist nur noch eine Glocke in Fleming, Kreis Rößel mit folgendem Spruch zu nennen: O sanna heis ich heinrich gos mich in deine menschen valde do wart ich gehanghen. Die Zuordnung zu unserem Meister Heinrich ist nicht belegt, könnte aber möglich sein. Die wiederum sehr eigenwillige Formulierung des Glockenspruchs läßt auf Heinrich als Urheber schließen. Die Glocke kann zwar nicht genau datiert werden, Dethlefsen rechnet sie aufgrund der Formensprache klar in vorreformatorische “gotische” Zeit.46) Zwei von Heinrichs Glocken stehen nachweislich auf der D-Liste der im Zweiten Weltkrieg als erhaltenswert eingestuften Glocken, d.h., sie sind nicht abgeliefert worden und haben sich zum Kriegsende wahrscheinlich noch am Ort befinden:47) die Glocke aus Böttchersdorf von 1515 und jene aus Thierenberg von 1522. Um so bemerkenswerter ist der Umstand, daß die Marienthaler Glocke, die nicht auf der Liste gestanden haben soll, noch heute am ursprünglichen Ort existiert.
Nach 1522 sind weiter keine Glocken von Heinrich dokumentiert. Vermutlich widmet er sich nun ganz und gar der Bewirtschaftung seines Landbesitzes. Wie weiter oben berichtet, wird ihm das Dorf Seeben bei Kreutzburg im Kreis Pr. Eylau verliehen.
Mit anderen Worten, Heinrich empfindet die Lebenssituation als Landbesitzer auf seinem Dorfe Seeben nicht vorteilhaft und schaut sich nach anderen Einkunftsquellen um. Mit dem Zulaß, sich in der Stadt niederzulassen, eröffnen sich neue Möglichkeiten. Die in unserer Zeit sehr jämmerlich erscheinende Selbstdarstellung ist allgemein typisch für jedwede Art von zeitgenössischen Bittbriefen an den Fürsten.
Nachdem Heinrich ein halbes Jahr zuvor die Zuzugserlaubnis für Königsberg erhalten hat, folgt nun der nächste Schritt. Er hat den Amtmann Crafft von Festenberg als Kaufinteressenten für sein Dorf Seeben gefunden, bittet um einen anständigen Besitztitel, damit der Käuffer versichert mag seyn und berichtet von einem Hauskauf. Der Verkäufer des Stadthauses Valentin Spilmann ist in Königsberg als Schöffe bekannt. 1512 ist er Scheppenkämmerer, 1513 Aldermann im Zweiten Garten, 1520 Scheppenmeister, 1526 Aldermann im Ersten Garten. Im Junkerngarten wohnten zu damaliger Zeit nur Leute mit bürgerlichen Ehrenrechten, Ratsleute, Scheppen (Schöffen), Reeder und Kaufleute. Handwerker und Kleinhändler hatten keinen Zutritt.50)
Dieser letztgenannte Brief Heinrichs ist nicht nur als Abschrift, wie die zuvor zitierte Antwort auf die Erlaubnis in der Stadt zu leben, sondern im Original erhalten und erscheint wie von eigener Hand geschrieben. Das Schriftbild und der Stil ist, im Vergleich mit anderen Briefen dieser Zeit, recht individuell, ziemlich klar und direkt formuliert. Auftragsschreiber haben, so finde ich, seinerzeit formelhafter geschrieben. Heinrich setzt die Landesverwaltung taktisch klug ein wenig unter Zugzwang. Aus einem Aktenvermerk entnehme ich, daß er Seeben nur zu “schlechten” magdeburgischen Rechten besitzt und erst nachträglich für den Verkauf urkundlich verbrieft bekommt. In den Akten lassen sich zur nachträglichen Verschreibung des Dorfes Seeben (fälschlich dort Seken oder Seffen geschrieben) nur Entwurfsschreiben finden. 51) Die Größe des Besitzes, die Anzahl der Hufen soll durch den zuständigen Amtmann erst rückgemeldet werden und ist offen gelassen worden. Damit seine Sache beschleunigt wird, vergißt Heinrich nicht, von seinem bereits getätigten Kauf in der Stadt zu berichten und bittet um den Zusagebrief, die Genehmigung seines Verkaufs, um den Kaufvertrag mit dem ehrbaren Kaufmann Spilmann erfüllen zu können. Die Abwicklung des Verkaufs von Seeben wird wohl noch bis mindestens 1537 gedauert haben, wie sich aus der Datierung der verwaltungsinternen Anfrage wegen der Seebener Hufenanzahl erschließt. Es irritiert mich jedoch, daß die Zuzugserlaubnis in Kbg-Kneiphof gegeben wird, während das vom Kaufmann Spilmann erworbenen Haus offenbar in Kbg-Löbenicht steht (in späteren Quellen heißt es genauer: ein Melzenbräuhaus zu Königsbergk, im Löbenicht die Borck genant). Wie auch immer, Heinrich hat sich in Königsberg mit einem Gewerbe im Umfeld der immer schon einträglichen Bierbrauerei ernährt.
In späteren Dokumenten werden für das Gut etwas übersichtlicher 7 Hufen und 1 Morgen Land angegeben 55). Der größte (nicht adelige) Hof im Dorfe Kalkeim und in der Region bleibt für die folgenden 3 Jahunderte im Familienbesitz. Die Nähe zu Königsberg und die begehrte Lage in den fruchtbaren Pregelniederungen scheinen Heinrich nach 6-7 Jahren Stadtleben endlich zufrieden gestellt zu haben. Erst 100 Jahre später erwerben die Döhnhoffs sozusagen in der Nachbarschaft, auf der anderen Seite des Pregel, ausgedehnten Landbesitz, auf dem dann 1717 das weithin bekannte Schloss Friedrichstein entsteht. In der Verschreibung erscheint 1542 der bisherige Name Schwichel in einer moderneren Schreibweise: Schweichel heißt es dort mehrfach. Die oberdeutsche Lautverschiebung von i nach ei in der Namensschreibweise setzt sich im 16. Jh. allmählich in Preußen durch, während sich im niedersächsischen Raum die niederdeutsche Schreibweise Schwicheldt bis in die Neuzeit hält. Der ständige Import von Verwaltungsfachkräften aus der fränkischen Region prägt die Kanzleisprache in Preußen nachhaltig.
Heinrich hat auf seinen frühen Glocken noch die ganz eindeutig niederdeutsche Schreibvariante van Swichel benutzt. Zu Beginn des 16. Jh. wird er mit der niederdeutschen Sprache von Holland bis Livland noch gut zurechtgekommen sein. In Livland wird niederdeutsch teilweise noch in den Kanzleien geschrieben. Oberdeutsch als Amtssprache setzt sich dort zögerlicher als in Preußen durch.
Der Brief ist im Original undatiert, wurde aber von Archivaren mit einem Bleistiftvermerk “1549” versehen. So kann man nun annehmen, daß Heinrich zwischen 1542 und 1549 verstorben ist. Vermutlich versucht der Waldauer Amtmann 57) bereits kurz nachdem er vom Tode Heinrichs Nachricht erhalten hat, die Einnahmen und Dienstleistungen zugunsten seines Amtes auf Kosten der Privilegien dieses großen Freigutes zu erhöhen. Aber die Verschreibung sagt eindeutig aus, daß auch noch die auf Heinrich folgende Besitzergeneration frei von Diensten und Abgaben bleibt und Scharwerkspflichten auch künftig nicht zu fordern sind. So wird Witwe Margareta sicherlich eine Bestätigung ihrer selbstbewußt verteidigten Rechte erhalten haben.
Obwohl die Verschreibung vorsieht „mit pferdt und harnisch, nach dieser landes gewonheit zu allen geschreien, herfarten und Landtweren, von wie dick und offt sye erfordert werden, zu dienenn schuldigk sein”, verliert die auf solcherart verliehenen Freigütern lastende Pflicht zur Landesverteidigung mehr und mehr an Bedeutung. Die Freien sind oft unvollkommen gerüstet und wenig geübt in kriegerischen Auseinandersetzungen. Söldnerheere kommen in Mode. Daher gehen die Amtsverwaltungen allgemein dazu über, als Ersatz für die kaum mehr benötigten Verteidigungspflichten andere Dienste zu fordern. Das löst jedoch landesweit zahlreiche Proteste aus.
Die Lebensdaten des Heinrich von Schwichel können nach den vorliegenden Erkenntnissen folgendermaßen eingeschätzt werden: Geburt um 1480 vermutlich im Raum Niedersachsen, Heirat vielleicht zwischen 1510-13 in Kampen in den Niederlanden, Tod in den 1540er Jahren in Kalkeim (ca. 15 km östlich von Königsberg nördlich des Pregel gelegen).
In der Gesamtschau erschließt sich ein beeindruckend bewegtes Leben. Ausgebildet in den wirtschaftlich und künstlerisch hoch entwickelten Niederlanden gelangt Heinrich vermutlich über Aufträge seines Meisters Geert van Wou zunächst nach Livland. Er nutzt die räumliche Distanz, um dort wahrscheinlich erstmals eigenständig als Gießer zu arbeiten. Im Herbst 1514 kommt Heinrich nach Königsberg und wird Zeuge einer ziemlich unruhigen Zeit: die Strukturen des mittelalterlichen Ordensstaates haben sich überlebt, der junge Hochmeister strebt nach eigenständiger Souveränität, 1520 gibt es Krieg mit Polen wegen des noch nicht abgelegten Lehenseides, beide Länder erschöpfen sich in zermürbenden Scharmützeln ohne einen die Machtfrage entscheidenden Sieg, 1525 folgt die Umwandlung des Ordenslandes in ein weltliches Herzogtum in Verbindung mit der Reformation in Preußen - alles an sich grundstürzende Umbrüche mit revolutionärer Sprengkraft, die dennoch erstaunlich friedlich gemeistert werden. Aus dem hochmeisterlichen Hof in Königsberg, der einer zölibatären Männergesellschaft ohne dynastischem Kalkül vorgestanden hat, wird eine herzogliche Residenz mit “Frauenzimmern” und nun auch besonderem Interesse an vorteilhafter Heiratspolitik, an repräsentabler Prachtentfaltung, an Kunst und Kultur einer Epoche, die man später Renaissance nennen wird.58)
Also sind noch keine der geforderten Dienste zu leisten. In aller Regel handelt es sich bei den genannten Arbeiten z.B. um Ausbesserungsarbeiten an „öffentlichen Gebäuden“ wie dem Amtsschloss in Waldau, der Schule oder Kirche sowie Wegebesserungsarbeiten. Die Freien wehren sich dagegen, weil sie berechtigterweise eine Statusminderung befürchten. Sie wollen nicht auf die Stufe abhängiger Scharwerksbauern herabsinken, die damals je nach Bedarf zu immer mehr Diensten gezwungen werden.
Ich erfahre aus diesem mit erfreulich zahlreichen biographischen Einsprengseln durchsetzten Schreiben, daß Peter ein Sohn des Heinrich ist, der wohl in der vorgenannten Amtsnotiz der 1580er Jahre als „ist nu noch am lebenn“ erwähnt wird. Dieser hat nun im Jahr 1613 ein wahrlich hochbetagtes Alter von 83 Jahren erreicht, ist somit ca. 1530 in Seeben geboren und hat Büchsenmeisterdienste in Preußen und bei anderen Fürsten geleistet. Er stellt kühn einen Bezug über seinen Vater Heinrich von Schweicheln bey Hochlöblicher seeligen Albrecht Marggraffenn RegierungsZeiten, Deroselbenn gemahlen großVater zur aktuellen Herrschaft her. „Deroselben Gemahlen Großvater“ spielt auf Anna von Preußen und Jülich-Kleve-Berg an, die 1594 als Tochter Herzog Albrecht Friedrichs von Preußen und Enkelin Herzog Albrechts nach Berlin verheiratet wird.
Die Gattin Kurfürst Johann Sigismunds bringt dem Kurfürstentum Brandenburg als väterliches Erbe das Herzogtum Preußen ein. Hinzu kommt von mütterlicher Seite das ebenfalls sehr begehrenswerte Herzogtum Jülich-Kleve-Berg am Niederrhein ganz im Westen des Reiches, welches nach siegreich bestandener Erbauseinandersetzung ebenfalls unter die Berliner Herrschaft fällt.
Peter erhält wohl die ihm fehlende Fläche Landes. In der Akte finde ich außerdem Lage- und Vermessungsskizzen. Die Flächen des Schweichlerschen Gutes reichen von Kalkeim bis nach Altsitt und bis an das Pregelufer. Aber schon wenige Jahre oder Jahrzehnte später wird einem Nachbarn in Kalkeim, dem Wangnick, eine Hufe verkauft. Vielleicht hat das ersatzweise zugestandene Land eine ungünstige Lage gehabt und der neu in Kalkeim ansässige Besitzer mag zahlungsfähig und vergrößerungswillig gewesen sein. Seit Mitte des 17. Jh. verzeichnen die Amtsregister nur noch eine Fläche von 6 Huben und 1 Morgen im Besitz der Schweichels. Dennoch bleibt es der mit Abstand größte nichtadelige Besitz in der Region. Aus Schweichel wird allmählich Schweichler. Ab dem 18. Jh. hat sich diese Schreibweise etabliert, die nur noch im 19. Jh. gelegentlich durch besonders korrekt schreiben wollende Pastoren vorübergehend zu Schweigler variiert. Das in ostpreußischer Mundart eher weich wie J oder CH gesprochene G wollen die gebildeten Herren nun mit spitzer Feder korrigieren, auch wo es gar nicht vorhanden gewesen ist.
Die Peter Schweichel nachfolgenden Generationen haben nur noch ganz bodenständig das Familiengut bewirtschaftet. Gießer oder Büchsenmeister im Dienste der Landesherrschaft oder fremder Fürsten ist nach bisherigem Kenntisstand niemand mehr geworden. Es ist jedoch anzunehmen, daß etliche gut ausgebildete Sprößlinge dieser Familie in der nahe gelegenen Stadt Königsberg in der Verwaltung, in Handel und Gewerbe andere Karrierewege eingeschlagen haben. In den folgenden Jahrhunderten taucht der Name Schweichler oder auch die Variation Schweichel vereinzelt in herausgehobenen Positionen auf. Diese Fäden müssen noch weiterverfolgt werden.
Die Kirchenbuchaufzeichnungen im für Kalkeim zuständigen Kirchspiel Heiligenwalde beginnen im Jahr 1671, enthalten jedoch vor 1700 meist unpräzise Angaben, so daß sich verwandtschaftliche Beziehungen oft nicht verlässlich zuordnen lassen. Bei den Geburten fehlen die Namen der Mütter, in den Heiratsregistern werden nur knappe Namensangaben gemacht ohne Nennung der Eltern oder des Alters der Ehepartner. Immer wieder gleiche Vornamen ohne zusätzliche Anhaltspunkte erschweren oft eine eindeutige Identifizierung. Im Sterberegister fehlen Vornamen und Altersangaben. Seit Beginn der Kirchenbuch-Aufzeichnungen gibt es aber schon mehrere Schweichler-Linien in verschiedenen Orten des Kirchspiels und auch außerhalb, so daß es schwierig wird, frühe Filiationen nachzuvollziehen. Sekundärquellen sind daher nicht nur für die Zeit vor den Kirchenbuchnotaten von großer Bedeutung, sondern auch danach unerläßlich, um die Generationenfolge zu rekonstruieren und Mißverständnisse aufklären zu helfen. Im GStAPK in Berlin finde ich in den Akten des Etatsminsteriums, in Waldauschen Cammeramtsrechnungen und Akten des Amtes Neuhausen, in den Präestationstabellen und Mühlenconsignationen zahlreiche Hinweise.
Für Heiligenwalde liegt seit 2009 ein von Patrick Plew herausgegebenes Ortsfamilienbuch 62) vor, was ebenfalls noch einmal von großer Hilfe gewesen ist, Lücken in der eigenen Recherche zu schließen oder ungewisse Zusammenhänge zu bestätigen.
Der heutzutage in Deutschland recht seltene Familienname Schweichler 63) ist in Ost- und Westpreußen etwas häufiger anzutreffen und weit verbreitet gewesen. Für alle diese Namensträger mit Ursprung in Ostpreußen ist der hier vorgestellte Heinrich von Schwichel als Urahn zu vermuten.
1) Folgende zeitgenössische Schreibweisen sind nachweisbar: von Schwichell, von Schwichelt, von Schwicheldt, von Schweichel, van Swichel, van Swichell, van Swichelt. Der Klarheit halber verwende ich in diesem Aufsatz durchgängig die Schreibweise von Schwichel.
2) Campanologie = Glockenkunde
3) Stombeck und die sogn. Powundischen Probsteydörfer unterstanden ursprünglich dem Amt Neuhausen. Die Neuhausensche Enklave am Kurischen Haff kam erst in den 1730er Jahren an das Amt Schaaken.
4) APG 1982, S. 107ff (Altpreußische Geschlechterkunde, herausgegeben vom VfFOW)
5) Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin-Dahlem
6) Altpreußische Biographie, Bd. II, 1967, S. 719
7) Richard Dethlefsen: Beiträge zur ostpr. Glockenkunde, Kbg. 1919
8) * um 1450, Landmeister des Dt.Ordens in Livland, + 28.02.1535
9) *17.05.1490 in Ansbach, 1511 37. HM des Dt.Ordens, 1525 1. Herzog von Preußen, + 20.03.1568 in Tapiau
10) GStAPK, XX. HA, OBA 20153
11) GStAPK, XX. HA, OBA 20220
12) In den ersten Jahrzehnten des 16. Jh. wird das Datum noch in dieser Form genannt: in Bezug auf kath. Namensheilige. Erst nach der Reformation setzt sich in Preußen die Nummerierung der Tage in Bezug auf einen Monat durch.
13) GStAPK, XX. HA, OF 37 S.48
14) C.N.Fehrmann: De Kamper Klokgieters, Kampen 1967, S.114-115, 214, 290
15) Richard Dethlefsen: Beiträge zur ostpr. Glockenkunde, Kbg. 1919, S.8 - Die dort angegebene Inschrift heinrich von buchlt ist ein Lesefehler - siehe dazu: Altpreußische Biographie, Bd.II, 1967, S.719: "Der im Denkmalamt aufbewahrte Abklatsch läßt deutlich svichel erkennen. Ebenfalls wird das robich in rov ich zu korrigieren sein."
16) W.Dignath/H.Ziesmann: Die Kirchen im Samland, 1987, S.62. Anm.: Dieser Inschrifttypus ist im übrigen ostdeutschen Raum weit verbreitet und lautet vollständig: "HIlf Gott, Maria berot (=berate), daß was ich beginne, ein gut Ende finde". Die unvollständigen Zeichen nach "jodoc(us)" werden möglicherweise noch zum Gießernamen gehört haben.
17) Jahrbuch für Glockenkunde 2007/2008, S.486 ff
18) Dignath/Ziesmann (wie Anm. 16), S.73
19) GStAPK, XX. HA, OF S.353
- 20) GStAPK, XX. HA, OF S. 3
21) GStAPK, XX. HA, OBA 20937
22) GStAPK, XX. HA, OBA 21469
23) GStAPK, XX. HA, OF 39, S.222
24) GStAPK, XX. HA, OBA 21574
25) R. Dethlefsen: Beiträge zur osptr. Glockenkunde, Kbg. 1919, S.9
26) eMail von Krzystof Woloszscak aus Ke,trzyn (Rastenburg)
27) www.plew.info/verteiler_regionen.htm#Medenau
28) GStAPK, XX. HA, OBA 22373
29) GStAPK, XX. HA, OBA 22485
30) Tag und Monat kann ich nicht verläßlich rekonstruieren, ich habe einen archivalischen Bleistiftvermerk übernommen.
31) GStAPK, XX. HA, OF 42, S.393
32) Tallinna Linnaarhiiv, Mitteilung Dr. Juhan Kreem
33) Gotthard v.Hansen: Die Kirchen und ehemaligen Klöster Revals, 1885, S.207
34) gemeint ist hier natürlich das Städtchen Brandenburg am Frischen Haff in (Ost-)Preußen
35) GStAPK, XX. HA, OBA 27644
36) R.Dethlefsen, Beiträge zur ostpr. Glockenkunde, Kbg. 1919, S.9
37) Gustav Liek: Die Stadt Schippenbeil mit der Berücksichtigung des Kirchspiels und der Umgegend, Kbg. 1874, S.236; sowie Daniel Heinrich Großmann, Gesammelte Nachrichten von der ostpreußischen Stadt Schippenbeil, Kbg.1778, S.104.
38) GStAPK, XX. HA, OBA 24146: 11.09.1520 Heinrich v.Kittlitz an HM wegen Verwendung v. Kirchenglocken zu Schippenbeil u. Leunenburg zum Geschützgießen; auch teilweise OBA 24191.
39) Seit dem Mittelalter nachweisbares Adelsgeschlecht in Niedersachsen, welches 1792 in den Reichsgrafenstand erhoben wird und mit Graf Kurdt v.Schwicheldt 1908 im Mannesstamm ausstirbt.
40) Helmut Walsdorff: Die Einwohner von Kalkeim in APG 1982, S.107ff
41) F.Vogel: Versuch einer Geschlechts-Geschichte des Reichsgräflichen Hauses von Schwicheldt, Celle 1823
42) Georg von Polentz (1478 - 1550), Bischof von 1518 bis 1550.
43) GStAPK, XX. HA, OF 49, S.39a
44) GStAPK, XX. HA, OBA 25791
45) R.Dethlefsen, Beiträge zur ostpr. Glockenkunde, Kbg. 1919, S.5; die Inschrift ist vermutlich fehlerhaft abgelesen: NETE steht bei Dethlefsen statt HETE; SVIGEP müßte SWICHEL oder vielleicht SWIGEL heißen.
46) R.Dethlefsen; Beiträge zur ostpr. Glockenkunde, Kbg. 1919, S.6
47) Jahrbuch für Glockenkunde 2007/2008, S. 486ff
48) GStAPK, XX. HA, Ostpr. Fol. 1134 (1535, Ratbuch von Kneiphof), S.150 Brief in Abschrift im Ratbuch
49) GStAPK, XX. HA, EM 83b, Nr.10; Originalschreiben von Heinrich von Schwichel
50) APG 1934, S.57
51) GStAPK, XX. HA, EM 83b, Nr.10
52) Der Rentmeister ist in der Landesverwaltung für die Finanzen zuständig.
53) GStAPK, XX. HA, Ostpr.Fol. 915, S.406, Rückseite beginnend
54) Im Original: zu Magdeburgischen rechten unnd beyden Kynden, erblich unnd ewiglich zubesytzen = in männlicher und weiblicher Linie vererbbar!
55) Hufen oder Huben, Flächenmaß in Preußen: 1 Hube = 30 Morgen = 16,81 ha (bis 1577); 17,339 ha (ab 1577-1721); 1 Haken = 20 Morgen = 2/3 Hufen = spezielles Maß für Landbesitz der prußischen Ureinwohner. Die Bezeichnung geht zurück auf den traditionellen prußischen Hakenpflug, mit dem man weniger zu bearbeiten schaffte als mit einem Scharpflug der deutschen Siedler.
56) GStAPK, XX. HA, EM 102d3 Nr. 4: Bitte der Wittwe Heinrich von Schwichens um Erhaltung ihrer Privilegien
57) Waldau, ca. 15 km östlich von Königsberg, ist der Sitz des zuständigen Cammeramts
58) Wulf D. Wagner: Das Königsberger Schloß, eine Bau- u. Kulturgeschichte, Band 1, Regensburg 2008
59) GStAPK, XX. HA EM 102h3, Nr. 16, S.50, letzter Briefbogen der Akte, undatiert
60) *1572, Kurfürst von Brandenburg seit 1608, + in Berlin 1619
61) GStAPK, XX. HA, EM 102g1, Nr. 17; die Akte ist falsch betitelt: statt Peter heißt es dort Paul Schweichel Grenzsachen
62) Patrick Plew: OFB Heiligenwalde siehe www.plew.info/ofb_heiligenwalde.htm
63) Deutschlandweit aktuell 80 Telefonbucheinträge auf den Namen SCHWEICHLER, worunter etliche Doppelnennungen auftauchen.
Ergänzend wäre noch anzumerken, daß die Bezeichnung Cöllmer/Kölmer oder das Adjektiv cöllmisch/kölmisch einen Besitzer kennzeichnet, der sein Land zu vollen Eigentumsrechten inne hat und darüber völlig eigenständig verfügen kann. Der Begriff geht zurück auf sogn. culmischen Recht, benannt nach der Stadt Culm, eine der ersten Stadtgründungen des Dt.Ordens in Preußen.
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