Besuch bei einer alten Glocke
Von hier aus wollten wir nun jeden Tag
interessante Ziele ansteuern: z.B. erneut das Städtchen Schippenbeil/Sępopol,
wo viele Generationen „meiner“ HAUPTs gelebt hatten, die Dörfer
Kröligkeim/Krelikieimy und Löwenstein /Lwowiec als ehemalige
Wohnorte anderer Vorfahrenlinien und als kulturelle Höhepunkte die
Kirchen, Schlösser und Ordensburgen der Region. Der Kirchturm in
Schippenbeil mußte unbedingt endlich erstiegen werden, wo doch mein
Ururururururgroßvater Johann HAUPT und dessen Sohn Andreas dort
nebenberuflich von 1730 bis gegen 1790 Glöcknerdienste versahen. Auf
den Geschmack gekommen und auch durch die durchweg sehr
entgegenkommenden Pfarrer ermuntert, erstiegen wir dann fast jeden
weiteren Kirchturm, der sich uns anbot. Grandiose Aussichten und
abenteuerlich ausgetretene Stiegen, geheimnisvolle Winkel und Gänge,
rätselhafte Zimmermannszeichen an den uralten, wuchtigen Balken
belohnten die Mühen.
Unverhoffte Begegnungen im Umfeld mancher
Schlösser mit den Schlüsselbewahrern des Anwesens ermöglichten uns
Einblicke in bedeutende Architekturdenkmäler. Döhnhoffstädt steht trotz seiner
melancholischen Verlassenheit und bröckelnden Pracht immer noch
berückend schön in der Landschaft und sieht wohl einer glänzenden
Zukunft als Luxusherberge entgegen. Dahingegen ist die Geschichte von
Prassen/Prosna unfassbar traurig: bis Anfang der 1990er Jahre stand
das stolze Schloss noch voll funktionsfähig in der Nutzung einer PGR
(entspricht der LPG in der DDR). Doch dann bedienten sich die vor der
Arbeitslosigkeit stehenden Funktionäre an der Bausubstanz. Gezielt
stattete man sich aus: zunächst mit Dachpfannen, dann sägte man an
den Balken und baute Ziegel ab und letzlich nahm man alles, was nicht
niet- und nagelfest war. Nun sieht das einstmals im Stil eines
großzügigen englischen Landhauses im 19. Jh. errichtete Schloss aus
wie eine pittoreske Ruine, die scheinbar vor vielen Jahrhunderten
zwischen die Schusslinien kriegerischer Auseinandersetzungen geraten
war. Die bittere Geschichte erzählte uns ein alter Mann, der
zufällig die Schlüssel zu dem mittlerweile eingezäunten Gelände
hatte. Auch hier soll es Pläne zu einer Rekonstruktion geben, was
uns wenig realistisch erschien.
Aber das bedeutendste Ziel unserer Reise befand sich in dem kleinen unscheinbaren Dorf Marienthal/Kosakowo bei Drengfurth/Srokowo, knapp 12 Kilometer vor der Grenze zum russischen Oblast. Vor einigen Jahren, als ich noch an den Recherchen zu meinem Urahn, dem Glocken- und Geschützgießer Heinrich von Schwichelt arbeitete, erhielt ich überraschend eine Nachricht aus Polen, dass am ursprünglichen Ort tatsächlich noch eine kleine Glocke von Heinrich hängt.
Wir
erfahren, dass es schon lange keine Kirche oder Kapelle mehr gibt.
Seit einem verheerenden Tatarenüberfall im Jahre 1657, der nicht nur
Marienthal in Flammen aufgehen ließ, sondern die gesamte Region
schlimm verwüstete und entvölkerte, gibt es keine Kirche/Kapelle
mehr in Marienthal. Um die Glocke ranken sich mythische Legenden. Die
Gottesmutter Maria höchstselbst soll sie bewahrt haben. Auf
wundersame Weise blieb die Glocke verschont. Man überführte sie
nach dem Überfall aus dem entvölkerten Marienthal in das Städtchen
Drengfurth. Dort gibt es eine alte große Pfarrkirche mit dicken
Ziegelmauern aus mittelalterlicher Ordenszeit, der das nur kanpp 5
Kilometer entfernte Dorf Marienthal untergeordnet war. Es gab niemals
eine selbständige Gemeinde in Marienthal. Es kann sich in Marienthal
nur um eine Art Kapelle, wahrscheinlich zur Anbetung der Gottesmutter
Maria, gehandelt haben.
Aber das bedeutendste Ziel unserer Reise befand sich in dem kleinen unscheinbaren Dorf Marienthal/Kosakowo bei Drengfurth/Srokowo, knapp 12 Kilometer vor der Grenze zum russischen Oblast. Vor einigen Jahren, als ich noch an den Recherchen zu meinem Urahn, dem Glocken- und Geschützgießer Heinrich von Schwichelt arbeitete, erhielt ich überraschend eine Nachricht aus Polen, dass am ursprünglichen Ort tatsächlich noch eine kleine Glocke von Heinrich hängt.
Heinrich
von Schwichelt lebte etwa von 1480 bis 1548, kam auf Empfehlung des
livländischen Landmeisters Wolter von Plettenberg im Herbst 1514 von
dort nach Preußen und wurde vom Hochmeister Albrecht von
Brandenburg-Ansbach 1515 in Dienst auf Lebenszeit genommen, weil er
sich als geschickter Gießer bewährt hatte. Bis in die 1520er Jahre
hat er laufend Glocken gegossen und sicherlich auch reichlich
Geschütze hergestellt für Auseinandersetzungen des Hochmeisters mit
dessen Onkel, den König von Polen in den Jahren 1519-21. 1518 war
Heinrich in Marienthal tätig und schuf für die kleine Kapelle wohl
eine seiner unbedeutendsten Glocken (ca. 46 cm Durchmesser, 36 cm
hoch, mit „Krone“ -zum Aufhängen- 47 cm hoch). Nach Lage der
Dinge ist das die einzige seiner Glocken, die bis heute die
Wechselfälle der Geschichte überstanden hat. Die
Rechercheergebnisse über das Leben dieses unbekannten Gießers habe
ich nach den aufgefundenen Quellen ausführlich dargestellt in einem
Aufsatz, der 2011 in der Schriftenreihe „Altpreußischen Geschlechterkunde“ (APG) des Vereins für Familienforschung in Ost-
u. Westpreußen (VFFOW) veröffentlicht wurde. Siehe http://www.vffow-buchverkauf.de/schriftenverzeichnis/artikel.php?id=apgnf41 oder http://www.genealogischenotizen.blogspot.de/2010/12/glockengieer-heinrich-von-schwichel-ca.html
Nach
der mühsamen, langwierigen Recherche in vielen staubigen, alten,
schwer lesbaren Dokumenten lockt nun ein von Heinrich selbst
geschaffenes hörbares Relikt aus alter Zeit. Da könnte der Klang
einer fast 500 Jahre alten Glocke eine akustische Brücke bilden über
die Jahrhunderte hinweg zu einem trotz aller Recherchen doch immer
noch recht rätselhaften Urahn. Ein Gedanke, der mich schon lange
fasziniert.
Am
Sonntag, den 11. August 2013, näherten wir uns von Barten/Barciany
kommend in Richtung Drengfurth/Srokowo fahrend dem Dorf
Marienthal/Kosakowo. Es sollte nicht schwer sein, in dem
überschaubaren Ort ein Kirchlein mit einem separat stehenden
hölzernen Turm zu finden, dachten wir. Aber da zeigt sich schon, ich
bin nicht ordentlich vorbereitet. Da ist ein hölzerner Turm zu sehen
in einem privaten Garten. Aber nichts deutet auf eine Kirche oder
Kapelle. Ist das der richtige Turm? Wir müssen fragen, klingeln bei
den Hausbewohnern, in deren Garten wir den seltsamen hölzernen Turm
sehen. Wir werden freundlich und entgegenkommend hereingebeten. Man
ist überrascht und nach anfänglicher Zurückhaltung begeistert,
dass es da tatsächlich lebende Menschen gibt, die einen
verwandtschaftlichen Bezug zu dem Meister der Glocke aus dem Jahre
1518 haben. Mirek ist Geschichtslehrer gewesen und bei allen
historischen Fragen und Umständen sachkundig und hoch interessiert
dabei.
Aber
die wundersamen Geschichten setzten sich fort. Die Glocke soll von
Maria wieder an den Ausgangsort nach Marienthal zurückgetragen
worden sein. Man erzählt, sie sei auf magische Weise gewandert. So
haben die dann doch wieder nach und nach sich ansiedelnden Bewohner
für die Glocke einen Turm in Marienthal gebaut, der heute noch
steht. Die Glocke, so heißt es, wurde in alter Zeit lange als
Totenglocke bei Beerdigungen im Dorf genutzt. Die Gartenbesitzer im
Umfeld des Glockenturms berichten, dass immer mal wieder
offensichtlich menschliche Knochen beim Umgraben erschienen, die man
dann an anderer Stelle wieder respektvoll der Erde überantworte.
ein uralter Taufstein |
Ich
finde nichts heraus über den Ursprung des signifikanten Ortsnamens,
die frühe Geschichte bleibt undeutlich. Warum heißt das Dorf
Marienthal? Welches besondere Ereignis führte zu dieser
Namenswidmung? Was ist über die religiöse Geschichte der Ortschaft
zu erfahren? Fakt ist, Heinrich hat 1518, also noch zu katholischer
Zeit, dort einen Gießauftrag erhalten. Die Glocke wurde, wie sollte
es anders sein, Sancta Maria gewidmet. So steht es noch heute zu
lesen in der Inschrift auf der Bronze. Wie wurde mit solchen heiligen
Orten nach der Reformation umgegangen? Gab es einen
Bedeutungsverlust? Warum ist die Kirche nie wieder aufgebaut worden?
Wahrscheinlich hat das dazu beigetragen, dass man die Glocke in ihrem
Turm einfach vergaß und sie zu Kriegszeiten niemals requirierte.
Wahrscheinlich ist die Glocke deswegen auch den Russen nicht
aufgefallen, die sonst bedenkenlos die Kirchen in Brand setzten, um
bequem an die Glockenbronze heranzukommen. Aber meine polnischen
Freunde sind überzeugt, da hatte nach wie vor Maria ihre Hände im
Spiel.
Wir
nähern uns nun dem Turm, finden auf der uns abgewandten Seite eine
kleine Tür, schreiten tief gebeugt über die Schwelle und
schauen dann neugierig nach oben. Wo ist die Glocke? In dem dämmrigen
Licht brauchen wir einige Zeit, um sie oben unter der Turmspitze zu
erspähen. Das Innere des Turm besteht aus einer komplexen
Holzbalkenfachwerkkonstruktion. Keine Leiter, keine Stiegen, nichts
führt hoch zur Glocke. Und das Glockenseil, so berichtet man uns,
ist vor über zwanzig Jahren abgerissen. Niemand hat es seit dem
fertig gebracht, durch einen kühnen Klettereinsatz ein neues Seil
anzubringen. Hoch oben hängt ein vielleicht 30 Zentimer langes,
ausgefasertes Seilende am Glockenschwengel. Der Turm ist insgesamt
vielleicht um die 10 Meter hoch, mit Turmspitze maximal 12 Meter. Die
Glocke hängt auf etwa 8 bis 9 Metern Höhe. Der Turm mißt
vielleicht 3 Meter im Quadrat und verjüngt sich leicht zum Turmdach
hin. In der Mitte des Turms ragt ein Mittelbalken hinauf bis in die
Spitze des Turms und trägt auf dem Dach eine kleine Wetterfahne. Der
Mittelbalken ist wiederum in Abständen von circa 2,50 Metern durch
Querbalken mit der Konstruktion der äußeren Gefache verbunden, auf
der dann die außen sichtbare Bretterverschalung angebracht ist.
Dazwischen gibt es etliche diagonal eingefügte Balken. Alles ohne
einen einzigen Metallnagel. Holznägel aus Eiche ragen an den
zusammengefügten Balkenverbindungen einige Zentimeter heraus.
Nun
stellt sich die Frage, wie erreicht man die Glocke. Ein neues
Glockenseil liegt schon länger bereit bei unseren Turmhütern. Eine
Leiter steht nicht zur Verfügung. Wenn, dann bräuchte man eine
kleine zusammensteckbare Leiter, die durch die niedrige Tür paßt
und im Inneren dann auf die erforderliche Höhe ausgefahren werden
könnte. Ich wage einen Kletterversuch, erreiche noch mühelos die
unterste Querebene, finde dann nach langem Sondieren an passenden
Stellen Holznägel, die mich mit meinen langen Beinen einmal quer
durch den halben Turm gegrätscht auf den nächsten Querbalken
hochhangeln lassen. Nun stehe ich mit meinen Einsneunzig auf einem
Querbalken, der etwa 5 Meter über dem Boden durch den Turm geführt
ist und sehe über meinem Kopf schon sehr nah die Glocke. Aber ich
finde nicht genug vertrauenerweckende Vorsprünge oder Holznägel, um
auf die folgende Ebene mit der Glocke zu gelangen. Eine beklommene
Höhenangst macht sich bei mir breit. Was passiert, wenn ich hier
irgendwo abstürze? Bin ich nicht zu leichtsinnig? Wie könnte man
die Kletterei sicherer machen? Was für Hilfsmittel könnte man
improvisieren? Ich entschließe mich erst einmal, wieder den Rückweg
nach unten anzutreten, der mir plötzlich irritierenderweise nicht
mehr so klar ist, wie auf dem Weg nach oben. Ich bin kein Alpinist
und habe noch nie an Kletterfelsen trainiert. Das wäre hier jetzt
sicherlich hilfreich. Aber woher sollte ich das vorher wissen?
Das Innere des Turmbodens ist mit alten Feldsteinen ausgelegt. Da stehe ich nun wieder, zugegeben mit noch leicht zitterigen Knien. Jetzt haben wir endlich diesen Weg bis hierher geschafft und wir kommen nicht an die Glocke heran? Das kann, das darf nicht sein. Mein Partner versucht einen Aufstieg, präpariert mit einer Schnur in der Hosentasche, um erforderliche Dinge nach oben ziehen zu können. Er schafft es unerwarteterweise ganz locker bis zur Glocke. Vielleicht geben die paar Zentimeter, die er länger ist als ich, den Ausschlag. Er sitzt sicher auf einem Querbalken neben der Glocke. Die Schnur wird herunter gelassen, die Camera hochgezogen. Nein, erst einmal braucht man einen alten Lappen, vielleicht etwas angefeuchtet, um die Staub- und Schmutzschichten von der Glocke abzuwischen. Jede Bewegung oben muß gut durchdacht werden. Wie nähert man sich der Glocke, ohne sich zu gefährden? Wo kann man sich festhalten, wo hinüberbeugen? Hier und da sind Balken im Wege, behindern die Sicht oder den Zugriff auf die Glocke. Das Licht ist schlecht. Nur spärlich scheint etwas Helligkeit durch die Ritzen der Außenverkleidung des Turms hindurch.
Jetzt
stehe ich da im Turm, vor mir hängt das Glockenseil herab und alle
Beteiligten, Mirek, Basia und mein Partner schauen mich
erwartungsvoll an. Ich darf nun Heinrich´s Glocke zum Klingen
bringen. Noch niemals habe ich eine Glocke geläutet, von kleinen
Kinderdekoglöckchen zu Weihnachten mal abgesehen. Ich fasse beherzt
nach dem Seil, denke an meine Vorfahren väterlicherseits, die
jahrzehntelang in Schippenbeil geläutet haben und hoffe, dass der
Eisenschlägel der alten Bronzeglocke keinen bleibenden Schaden
zufügt. Vorsichtig beginne ich zu ziehen, spüre einen Rhythmus,
ziehen und nachgeben, ziehen und nachschwingen lassen – der
Schlägel schafft es noch nicht an den Glockenrand. Es bleibt noch
still. Ich muß von Mal zu Mal etwas tiefer, etwas kräftiger ziehen
und da, ein erster heller klarer Ton schwingt in der Luft (klingt auf der Note H). Ich mache
mutig weiter, die Glocke erklingt klar, kraftvoll, rein, mit
harmonischen Ober- Mittel- und Untertönen. Ich wage es aber noch
nicht, voll auszuholen. Bei mir klingt das Geläut nur halb: nicht
Bim-Bam an beiden Seiten der Glocke, sondern nur Bim – Bim – Bim.
Respektvoll mag ich nicht mehr aus ihr herausholen. Ich möchte die
Pausen zwischen den Schlägen wahrnehmen, spüren, wie weit der
Nachhall trägt. Nach einigen Minuten lasse ich die Glocke wieder
ausschwingen. Die Glocke hat für ihre Größe einen beeindruckend
langen, harmonischen Nachhall. Allmählich verebbt der Ton. Es wird
still. Nur einige Staubfusseln wirbeln noch oben durch den Turm und
leuchten ab und zu golden auf in einem der spärlich durchdringenden
Lichtstrahlen. Die Aufzeichnungsgeräte werden ausgeschaltet.
Heinrich hat gesprochen.
Das Innere des Turmbodens ist mit alten Feldsteinen ausgelegt. Da stehe ich nun wieder, zugegeben mit noch leicht zitterigen Knien. Jetzt haben wir endlich diesen Weg bis hierher geschafft und wir kommen nicht an die Glocke heran? Das kann, das darf nicht sein. Mein Partner versucht einen Aufstieg, präpariert mit einer Schnur in der Hosentasche, um erforderliche Dinge nach oben ziehen zu können. Er schafft es unerwarteterweise ganz locker bis zur Glocke. Vielleicht geben die paar Zentimeter, die er länger ist als ich, den Ausschlag. Er sitzt sicher auf einem Querbalken neben der Glocke. Die Schnur wird herunter gelassen, die Camera hochgezogen. Nein, erst einmal braucht man einen alten Lappen, vielleicht etwas angefeuchtet, um die Staub- und Schmutzschichten von der Glocke abzuwischen. Jede Bewegung oben muß gut durchdacht werden. Wie nähert man sich der Glocke, ohne sich zu gefährden? Wo kann man sich festhalten, wo hinüberbeugen? Hier und da sind Balken im Wege, behindern die Sicht oder den Zugriff auf die Glocke. Das Licht ist schlecht. Nur spärlich scheint etwas Helligkeit durch die Ritzen der Außenverkleidung des Turms hindurch.
Es
dauert lange, bis die Glocke gesäubert, bis sie von allen Seiten
fotografiert ist und schließlich wollen wir die Chance nutzen, von
der Glockeninschrift einen sogn. Abklatsch mit Papier und Bleistift
zu machen. Mirek stellt uns die benötigten Materialien sofort
hilfreich zur Verfügung, die am Bindfaden nach oben gehievt werden.
Endlich ist alles getan und dokumentiert. Als Letztes wird das neue
Glockenseil angebracht. Mein Partner entdeckt, dass einige Schindeln
im Turmdach verschoben sind oder fehlen. Wir finden alte
Plastikwasserflaschen, die wir aufschneiden und mit deren Hilfe oben
das alte Schindeldach des Turms provisorisch abgedichtet werden kann.
Endlich, nach einigen Stunden, kommt mein Partner wohlbehalten, wenn
auch etwas erschöpft, wieder nach unten.

Das Filmchen beginnt chaotisch, zeigt dann aber alles wesentliche. Ich war doch etwas aufgeregt, etwas hektisch und mein Partner an der Kamera nicht minder. Nun, bei einer Premiere darf das so sein.
Im
Anschluss werden wir von den Turmhütern zu einem unkompliziert
improvisierten Festessen eingeladen. Widerspruch ist völlig
undenkbar. Wir sitzen noch lange beisammen, vertieft in Gespräche
über die wechselvolle Geschichte dieser Region.
Am
15. August fahren wir wieder nach Westen. Wir sind sicher, dass die
polnischen Glockenhüter heute, am Tage Mariae Himmelfahrt, nach
alter Tradition die der Gottesmutter geweihte Glocke nach Jahrzehnten
der Stille erklingen lassen werden. Wir wissen die Glocke und den
Turm in achtsamen Händen. Der Turm ist in die Liste der
denkmalgeschützen Objekte eingetragen. Die Glockenhüter wollen mit
den zuständigen Behörden nachhaltig den Kontakt pflegen, um
erforderliche Sicherungsmaßnahmen zu besprechen. Ein Balken oben in
der Spitze des Turms erschien morsch. Noch besteht kein Anlass zu
drängender Sorge, weil darauf keine erkennbare statische Last liegt.
Auch wäre zu klären, wie und wann geläutet werden darf. Der
Eisenschlägel macht mir Sorgen. Eisen ist härter als Bronze und
kann der Glocke bleibende Schäden zufügen. Am unteren Rand sieht
sie etwas „ausgefranst“ aus. Man muß also achtsam an alles
denken und Vorsorge treffen, dass diese eigenartige Glocke in ihrem
altehrwürdigen Turm noch lange zu hören sein wird.
Ich
würde mich sehr freuen, wenn kundige Leser mir Hinweise zur religiösen
Geschichte Marienthals geben könnten. Besonders interessiert mich,
warum und wie es zu dem vermuteten Marienwallfahrtsort, zu der
Marienkapelle gekommen ist. Wurde hier ein prußisches Heiligtum
umgewidmet? Gab es Marienerscheinungen? Wer weiß mehr oder kennt
Quellen, die darüber Aufschluß geben? Nachricht bitte an ViktorHaupt@aol.com
Labels: Glockengießer, Heinrich von Schwichell, Hochmeister Albrecht von Brandenburg
1 Kommentare:
Fantastischer Bericht über die Expedition, wunderschön beschrieben.
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