Genealogische Notizen

Familienforschung kann spannend sein wie ein Kriminalroman. Wir möchten Euch teilhaben lassen an den aufregenden Geschichten, die wir in Kirchenbüchern und Archiven ausgraben. Taucht ein mit uns in vergangene Epochen und rätselhafte Verwicklungen, historische Lebensumstände und die Geschichte einer Region, die es heute so nicht mehr gibt: das frühere Ostpreußen.

Montag, 27. Oktober 2008

Ein Dorfkrug am Kurischen Haff - Fortsetzung

Die Kruggeschichte in Stombeck läßt sich auch aus der Sicht seiner Bewohner und Besitzer darstellen:
Etwa im Jahre 1811 geht der Stombecker Krug endgültig in die Hände der Familie SCHWEICHLER über. Mein Ururur-Großvater Johann Gottlieb SCHWEICHLER (30.09.1792 – 12.11.1860) übernimmt nach seiner Heirat mit Sophia PRANG (sie stammt aus Trentitten) noch ziemlich jung das Schankhauses in Stombeck. Seine Großmutter wird wohl noch mitgeholfen haben, solange sie konnte. In den folgenden Jahrzehnten wandelt sich der wohl zunächst ziemlich bescheidene Ausschank von Amtsbier und Branntwein zu einem ordentlichen, eigenständigen Krug. Gottlieb SCHWEICHLER baut Wirtschaftgebäude, erwirbt Grundstücke hinzu und übernimmt schließlich 1842 den verbliebenen Grundbesitz des ehemaligen Kruges von Neufitte (die alte Kruginsel). Das bis 1945 als Krug und Wohnhaus genutzte Gebäude ist möglicherweise jenes in den 1790er Jahren errichtete Stombecker Haus des ehemaligen Neufitter Krügers Linck, das ebenfalls in schweichlerschen Besitz übergeht. Dieser „Aufschwung“ ist einerseits nur möglich durch die tiefgreifenden Veränderungen in den Besitzstrukturen im Zuge der Preußischen Landreform zu Beginn des 19. Jahrhunderts, andrerseits gründet er sich auch auf Umstände in der Familiengeschichte.


Johann Gottlieb SCHWEICHLER übernimmt das Schankhaus nach seiner Heirat 1811 von seiner Großmutter: Lovisa GELAICK, geb. GRIBB (*1744 - ?). Jene Lovisa hat im Jahr 1766 den Michael Gelaick aus Wilkeim geheiratet, nachdem ihr Vater 3 Monate zuvor verstorben ist. Sie ist die jüngste noch unversorgte Tochter des Schänkers Jacob Gribb in Stombeck. Zwei noch nachweisbare ältere Schwestern sind bereits unter die Haube gebracht, zwei weitere Schwestern sind 1766 bereits verstorben. Lovisas Mutter Barbara Dorothea, wahrscheinlich wiederum eine geborene Gelaick (1709 – 07.07.1779), wird im Sterbeeintrag des Kirchenbuchs Powunden als Krügerin in Stombeck bezeichnet. Eine ähnliche Ereignisfolge mit Tod des Vaters gefolgt von einer schnellen Heirat der unversorgten Tochter wiederholt sich auf tragische Weise eine Generation später.

Lovisa GELAIK, geb. Gribb hat mit Michael GELAIK mindestens 6 Kinder. Im Februar 1773 sterben 3 Kinder in wenigen Tagen hintereinander. Eine 1774 geborene Tochter findet 1775 den Tod. Am 03.10.1791 stirbt ihr Mann Michael GELAIK. Zu dem Zeitpunkt lebt nur noch die jüngste Tochter Sophia Lovisa GELAIK (*08.08.1777 in Stombeck), die bereits am 01.02.1792 kaum 3 Monate nach dem Tode ihres Vaters mit meinem Urururur-Großvater Johann Ernst SCHWEICHLER (*18.06.1770 in Damerau, + 05.05.1845 in Wilkeim) verheiratet wird. Eine gute Partie könnte man denken: keine weiteren Geschwister auszuzahlen, der Wilkeimer Hof bereits 1778 in verbrieftes Eigentum umgewandelt und das Stombecker Schankhaus floriert immer stärker auf Kosten des immer hinfälliger werdenden Neufitter Kruges.

Johann Ernst SCHWEICHLER kommt 1792 gerade 21-jährig aus Damerau, wo sein Vater in den 1760er Jahren ein köllmisches Gut von 3 Hufen (Vorbesitzer Ruschnick/Rauschnik) erworben hatte. Der Damerauer SCHWEICHLER Johann Friedrich wird 1744 noch in Kalkeim (Kirchspiel Heiligenwalde) auf dem Stammgut aller SCHWEICHLERs geboren, welches seit 1542 im Besitz der Familie ist (siehe auch die Geschichte über den ostpreußischen Glockengießer Heinrich von SCHWICHEL). Der junge Johann Ernst SCHWEICHLER bewirtschaftet nach seiner Einheirat den Wilkeimer Hof, während seine Schwiegermutter Lovisa GERLAIK das Schankhaus in Stombeck weiterführt. In den vorhergehenden Jahrzehnten hatte sich Lovisa bereits fleißig als Wirtin im Stombecker Schankhaus betätigt, mal von einer Magd, mal von Töchtern unterstützt. Der Ehemann Michael lebt auf dem Wilkeimer Hof mit mehreren Instleuten. Es scheint so, als ob man sich in der GERLAIK-Ehe auseinandergelebt hätte und in dieser Konstellation relativ unabhängig voneinander sein Leben gestaltet.

Rekapitulieren wir noch einmal die Generationenfolge im Umfeld des Stombecker Schankhauses:

In den 1730er Jahren GERLEICK, Michael und/oder Christoph.
Ab 1748 GRIBB, Jacob – vermutlich Schwiegersohn eines GERLAICK.
Ab 1766 GERLAIK, Michael – Schwiegersohn des Jacob GRIBB.
Ab 1791 GERLAIK, Lovisa (geb. GRIBB) – Witwe des Michael GERLAIK.
Ab 1811 SCHWEICHLER, Johann Gottlieb – Enkel der Lovisa GERLAIK.

Die Kirchenbuchdaten in Powunden reichen nur bis 1737 zurück und sind in den ersten Jahrzehnten nicht so auskunftsfreudig wie an anderen Orten. Da werden Mütter, wenn überhaupt, dann nur mit Vornamen erwähnt und bei Heiratseinträgen fehlen manchmal die Bezüge zu den Eltern, was die klaren Zuordnungen erschwert. Außerdem taucht der Name GELAICK in vielen Variationen auf. Mal heißt es GELACKE, GERLEIK, dann GELEICK, mitunter auch schlicht GERLACH. Gesichert ist, daß diese Familie schon lange vor 1700 in Wilkeim ansässig war, dort ein Bauernerbe von 1 Hufe und 24 Morgen besaß und zeitweilig auch das Schankhaus im benachbarten Stombeck bewirtschaftete.

Hinsichtlich weiter zurückreichender Betrachtungen sind wir auf andere Quellen als denn die schon 1737 endenden Kirchenbücher angewiesen. In den Amtsrechnungen von Neuhausen gibt es Listen, in denen zu militärischen Zwecken die Söhne der Bauern regelmäßig mit dem jeweiligen Lebensalter erfaßt wurden. Darin gibt es schon vor/um 1700 einen Melcher Gerlaik mit seinen Söhnen Christoph (*1681 – 1748) und Michael (*1700 – vor 1744). Melch(i)or Gelacke, wie er auch genannt wird, unterschreibt 1715 als Zeuge den Kaufvertrag des Willkeimer Kruges: Casper Rauschnig verkauft an Andres Klinger (siehe Bildauschnitt). 1753 wird in den Praestationstabellen von Schaaken Christoph Gerlaik irrtümlich als Krüger in Neufitte erwähnt. Vermutlich hat man ihn,den Schänker in Stombeck, mit dem Krüger Michel Linck von Neufitte verwechselt. In den Mühlenlisten aus dem gleichen Zeitraum wird für Stombeck Schänker Gribb genannt, denn Christoph Gerlaik ist ja bereits 1748 verstorben. Es fällt öfter auf, daß die Praestations-Tabellen in den Namensnennungen von den Mühlenlisten abweichen. Offenbar wurden die Steuerlisten einfach Jahr für Jahr abgeschrieben. Wichtig war nur, daß das Geld reinkam. Von wem es kam, spielte wohl keine so große Rolle mehr. Bei den Mühlenlisten wurde jedoch jedesmal richtig nachgesehen, wer dort lebte und mit wieviel Personen. Das sagen auch die entsprechenden Bereisungsprotokolle in den Listen aus. Die Mühlenlisten wurden deswegen angelegt, um eine gleichmäßige Auslastung der Mühlen zu gewährleisten. Daher wurde etwa alle 6 Jahre nachgezählt, wieviel Kinder, Dienstboten usw. in einem Haushalt lebten. Wenn sich die Zahlen nachhaltig veränderten, wurden Dörfer von einer Mühle zur anderen umgeschichtet.

Bisher läßt sich sagen, daß es mit Sicherheit schon in den 1730er Jahren ein Schankhaus in Stombeck gab, welches von der Willkeimer Familie GERLEICK / GELAIK /GERLACH betrieben wurde. Die GELAIKs besaßen ein Bauernerbe in Wilkeim von 1 Hufe und 24 Morgen. Während man annehmen kann, daß dieses Bauernerbe schon weit vor 1700 im Besitz der Familie war, ist noch nicht klar, ab wann es das Schankhaus in Stombeck gab. Eine gezielte Suche in allen bisher erschlossenen Quellen hat keine eindeutigere Klärung erbracht. Jetzt kann ich nur noch auf die glückliche Fügung und Zufallsfunde hoffen, um vielleicht doch noch auf eine Schankerlaubnis zu stoßen. Einen nicht ganz verläßlichen Zufallsfund entdeckte ich in den Amtsrechnugen Neuhausen 1698-99. Dort heißt es in der Rubrik Geldbußen: "10 mk (zahlt) der Friedrich Lembcke, wegen der an dem SchneiderGesellen Peter Mattarn im Stombeckschen Kruge ausgeübten Schlägerey". Es bleibt jedoch unklar, ob der Schreiber nicht doch den Krug in Neufitte meinte und hier irrtümlich den Namen Stombeck benutzte. Denn er schreibt ausdrücklich KRUG. Außerdem heißt es schon in der Neufittischen Krugverschreibung von 1679, zum Krug gehört Land "uff der Stombeck". Wenn es in Stombeck schon ein Haus mit Bierausschank gab, dann war es ein SCHANKHAUS, kein KRUG. Andrerseits wurden die Bezeichnungen Krug und Schankhaus auch oft durcheinandergeworfen. Vielleicht finden sich noch weitere Erwähnungen, die die Sachlage eindeutiger klären...


Grundsätzlich läßt sich die Geschichte des Stombecker Kruges n i c h t ohne einen genauen Blick auf den ursprünglich bedeutenderen Krug in Neufitte ergründen. Denn der Stombecker Krug hat den „Konkurrenten“ von ehedem in mehrfacher Hinsicht „beerbt“.

Aus der bisherigen Aktenlage kann ich seit mindestens 1737 ein Schankhaus in Stombeck nachweisen. Auf dem Bildausschnitt sieht man eine Zeile in der Praestationstabelle Nr.1 von Schaaken aus dem Jahre 1737. Hier wird Stombeck als Krug erwähnt (nicht ganz korrekt) neben den Krügen von Neu-Vitte und Correynen. Die Bezeichnungen Krug/Schankhaus werden noch öfter verwechselt. Interessant ist an dieser Stelle auch, daß diese drei Krüge mit Verweis auf bisherige Abrechnungen im Amt Laptau erwähnt werden. Die Laptauer Amtsrechnungen muß ich noch durchsehen.

Wegen der immer wiederkehrenden Flutschäden am Krug in Neufitte überstiegen die Umsätze in Stombeck häufig jene des Neufitter Kruges um mehr als das Doppelte. Die Zahlen in den Amtstabellen lassen sich gut vergleichen, denn der Neufitter Krug war trotz köllmischer Rechte verpflichtet, sein gesamtes Bier und den Branntwein aus dem Domainenamt Schaaken zu beziehen, genau so wie das Stombecker Schankhaus.

Gegen Ende des 18. Jh. kommt der Krugbetrieb in Neufitte völlig zum Erliegen. Die Gebäude sind durch Überflutungen und Eisgang gänzlich ruiniert. Der Krüger von Neufitte hat ein neues Haus in Stombeck erworben, weil der alte Standort nicht mehr zu halten ist. Er lebt jedoch vom Fischfang, bewirtschaftet das ihm noch verbliebene Krugland als Landwirt und streitet sich Jahrzehnte lang erfolglos mit dem preußischen Staat über Schadensersatzforderungen. Er glaubt, daß der Staat für die Unterhaltung des Dammes zur Kruginsel und den Schutz des Kruglandes verpflichtet ist. Und wenn diese Pflicht vernachlässigt wird, muß der Staat ihm auch wieder das Haus aufbauen bzw. dafür Ersatz leisten, wenn der Standort nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. Der preußische Staat ist darüber nicht erfreut und sucht sich mit allen Mitteln aus der Verantwortung zu ziehen. Der Prozess dauert Jahrzehnte und kommt wahrscheinlich um 1840 zum Abschluß. 1842 wird ein sogn. Dismembrationsverfahren durchgeführt, d.h. der ehemalige Neufitter Kruggrund wird vom preußischen Staat aufgeteilt und an 3 Interessenten weitergegeben: mein Ururur-Großvater Gottlieb Schweichler erhält die 9 Morgen der übrig gebliebenen Kruginsel zugesprochen, der Bauer Johann Gottfried Kahlau aus Wilkeim bekommt eine Waldparzelle im Fritzenschen Forst von 11 Morgen, die der ehemalige Krüger erst nach der preußischen Landreform als Abfindung für sein Recht auf freies Brennholz zugesprochen bekam und der Schulz Johann Gottfried Stahlbaum in Cranz übernimmt die vorm Sarkauer Wald gelegene Wiese von 10 Morgen, die seit alters her noch zum Krugland gehörte.

Oben erwähnte ich, daß das Stombecker Schankhaus den alten Neufitter Krug in mehrfacher Hinsicht beerbte. Was gab es denn noch „zu erben“ außer der alten Kruginsel? Nun, aus dem früheren Schankhaus, einer schlichten Verkaufstelle für Amtsbier und Spirituosen in Stombeck wurde ein richtiger Krug! Bereits 1832 gelang meinem Urururgroßvater ein geschickter „Deal“, um sein Schankhaus aufzuwerten. ("Urkunde d.d. Kgsberg v. 26. Decbr. 1832 über die Ablösung der Getränke-Zwangs-Verpflichtung" - Vermerk in der Praestationstabelle beim Grundstück des Schankhauses Stombeck).

Die frühere Verpflichtung der Dorfbewohner von Wilkeim, Correynen und Plöstwehnen zur Bieranfuhr vom Amt Schaaken zum untergegangenen Krug Neufitte wurde dem Stombecker Schankhaus übertragen. In den Akten heißt es an anderer Stelle: Den Grundbesitzern zu Correynen, Plöstwöhnen u. Wilkeim lag die Verpflichtung ob, für den Krug in Neufitt, später in Stombeck das erforderliche Geträncke anzufahren, ferner die leeren Gefäße nach der Amts-Propinations-Anstalt zurückzubringen. Diese Verpflichtung haben die Genannten abgelöst. Urkunde d.d. Kgsberg den 26. Decbr. 1832 und gemäß Rescript vom 15. Januar 1831.

Gottfried Schweichler überredete die betroffenen Dorfeinwohner, daß er sie gegen eine einmalige Zahlung von 240 Thalern aus dieser Verpflichtung der Fuhrleistungen entlassen wolle. Mit der so erhaltenen Summe kaufte Gottfried Schweichler sich wiederum beim Amt Schaaken von der Verpflichtung frei, ausschließlich Getränke der Domaine Schaaken ausschenken zu müssen. Er war nun ein selbständiger Krüger. Um 1832 dürfte es schon genügend private Brauereien und Brennereien in Königsberg gegeben haben, die meinen Ururur-Großvater günstig beliefern konnten. So konnte Gottfried zuversichtlich in die Zukunft schauen und seine Wirtschaft (Krug und Landwirtschaft) der neuen Zeit entsprechend frei und unabhängig auf eine solide Basis stellen.

Die Geschäfte scheinen gut gelaufen zu sein. Denn bereits 1824 ist in den Praestationstabellen zu sehen, daß Gottfried Schweichler das Haus und Grundstück des Stombecker Fischers Gottfried Faust von etwas mehr als 10 Morgen hinzugekauft hat.

Dann hat er zu seinem Kruggebäude noch Wirtschaftsgebäude und Scheunen hinzugebaut. Meine Mutter erinnert sich, daß es auf einer Scheune eine eiserne Wetterfahne mit der Inschrift "G S 1846" gab. 100 Jahre später machten sich die Russen einen Spaß daraus, die Wetterfahne als Zielscheibe für ihre gelegentlichen Schießereien zu nehmen: wer schafft es trotz reichlichem Wodkagenuß die Wetterfahne durch seine Treffer zum Rotieren zu bringen...

Die bisherige Suche hat noch erbracht, daß es schon vor 1679 einen Krug in Neufitte gegeben haben muß. Die in vielen Schriftstücken erwähnte Verschreibung von 1679 bezieht sich demnach nicht auf eine Neugründung, sondern auf einen Verkauf des bestehenden Amtskruges in private Hände. Der dort wirtschaftende Krüger wird Eigentümer - allerdings mit der Auflage, kein selbst gebrautes, sondern nur Amtsbier zu verkaufen (solange die Powundischen Probsteidörfer mit Neufitte an den Landrath von Eppingen verpfändet sind, muß der Krüger in Neufitte das Bier des v.Eppingen ausschenken). Bereits 1645 wird auf einen Krug in Neufitte verwiesen. Der sogn. „Große Kurfürst“ Friedrich Wilhelm (1620-88) löst die Dörfer Wilkeim, Plöstwehnen, Schmiedehnen und Gunthenen aus der Pfandtschaft des Ernst v.Rappen und schlägt sie dem (in Besitz des Amtes Neuhausen befindlichen) Krug in Neufitte zu, für den die Bauern der Dörfer Scharwerks-leistungen zu erbringen haben: „...von ied weder Hube ein Halb Achtel Brenholtz alle Jahr zum Kruge in der Neuen Vitte lieffern, wie auch d[a]s Maltz zu Fortstellung des Brauwercks, daßelbe bieß in u. auß der Mühlen führen, stein u. strauch so offt es von nöthen zum Kruge damit d[a]s waßer keinen Schaden thue, schleunigst beyschaffen, den Kruge in baulichen wesen erhalten, u. d[a]s Scharwerck beym Kruge verrichten, wie auch stege, wege, brücken, Thämmen undt greben in ihren grenzen zu unterhalten...“ Offenbar ist der Standort schon damals durch das Haff gefährdet und muß durch besondere Maßnahmen geschützt werden. Erstaunlich ist, daß die Bestimmungen, auf die sich mein Urururgroßvater bei der Übernahme der Kruggerechtigkeit in Stombeck in den ersten Jahrzehnten des 19. Jh. bezogen hat, schon so alt sind.

Als mein Urururgroßvater Johann Gottlieb SCHWEICHLER 1811 den Krug in Stombeck übernimmt, wird der Stombecker Besitz vom Wilkeimer Hof getrennt. Johann Gottlieb SCHWEICHLERs Bruder Johann Wilhelm übernimmt in Wilkeim den Hof mit 1 Hufe und 24 Morgen. Die Praestations-Tabellen verzeichnen, daß Johann Wilhelm 1845 die Wilkeimer Hufen an den Köllmer Gottlieb Arndt verkauft hat. Er muß aber dennoch für einige Jahre weiter dort gewohnt haben, denn 1849 wird die jüngste Tochter noch in Wilkeim geboren. Danach ist nichts weiteres über die Wilkeimer SCHWEICHLERs bekannt. Diese Linie wandert in unbekannte Richtung ab.

Setzen wir die Geschichte mit Johann Gottlieb (30.09.1792 – 12.11.1860), dem ersten Stombecker Krüger aus der Familie SCHWEICHLER fort. Ähnlich wie sein Vater Johann Ernst, der auch mit kaum 20 Jahren die einzige GERLAIK-Tochter heiratet und sofort den Hof in Wilkeim übernehmen muß, geht es mit Johann Gottlieb weiter, der ebenfalls gerade 20 Jahre alt und frisch verheiratet das Stombecker Schankhaus als Erbteil bekommt. Wie bereits erwähnt, etabliert sich das Stombecker Schankhaus zu einem ordentlichen köllmischen Krug mit freien Eigentumsrechten. Zu dem ursprünglich landlosen Schankhaus wird kontinuierlich Landbesitz hinzuerworben, der sich zu Zeiten meines Großvaters Kurt SCHWEICHLER, dem letzten Besitzer, auf etwa 15 Hektar belief.

Als nach dem Tode des Vaters Johann Gottlieb SCHWEICHLER zum Ende des Jahres 1860 ein Sohn mit gleichem Vornamen den Stombecker Krug übernimmt, gibt die Famlienkonstellation zu Spekulationen Anlaß: jener Johann Gottlieb junior (1822 – nach 1874) ist trotz seiner 38 Jahre noch unverheiratet. Erst nach Ablauf des Trauerjahres ehelicht er im Dezember 1861 die geschiedene Hanna Henriette PETERSON, geb. Krause. Hanna Henriette ist aus Damerau gebürtig, wo die Familie KRAUSE bereits seit über 100 Jahren nachweisbar ist. Sie sind Nachbarn der Damerauer SCHWEICHLERs. Vielleicht haben sich aus diesen Zusammenhängen die Eheleute kennengelernt. Kann vielleicht Johann Gottlieb junior erst nach dem Tode seines Vaters heiraten, weil es da väterliche Widerstände gegen eine geschiedene Frau gegeben hat? Was ist in der ersten Ehe der Hanna Henriette passiert (oo 10.12.1850 in Schaaken)? Wie kommt es zur Scheidung von jenem Gottlieb Peterson, der in Labiau als Gerbermeister gearbeitet hat? Gab es noch Kinder aus erster Ehe? Es besteht Hoffnung, diese Fragen durch Erschließung verschiedener Quellen aufzuklären. Das wird dann eine neue Geschichte, in der auch auf die Herkunft der Petersons näher eingegangen wird. Nur so viel sei angedeutet: der Peterson-Urahn kam im Zuge der schwedisch-polnischen Erbfolgekriege aus Skandinavien nach Preussen.


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