Genealogische Notizen

Familienforschung kann spannend sein wie ein Kriminalroman. Wir möchten Euch teilhaben lassen an den aufregenden Geschichten, die wir in Kirchenbüchern und Archiven ausgraben. Taucht ein mit uns in vergangene Epochen und rätselhafte Verwicklungen, historische Lebensumstände und die Geschichte einer Region, die es heute so nicht mehr gibt: das frühere Ostpreußen.

Donnerstag, 29. Dezember 2011

Genealogie-Software, Links und hilfreiche Hinweise

Wenn man anfängt, Informationen zu seinen Vorfahren zu sammeln, scheint zunächst noch alles leicht übersehbar: 2 Elternteile, 4 Großeltern, 8 Urgroßeltern usw. Wozu braucht man dafür ein Computerprogramm?

Nun ja, als ambitionierter Familienforscher möchte man ja nicht nach 3 Generationen aufhören. Und vielleicht interessieren einen auch die Geschwisterlinien der Eltern, der Großeltern usw. Und wie geht man mit den Familien von angeheirateten Verwandten, mit komplexen Konstellationen neuzeitlicher und früherer sogn. Patchwork-Familien um? Wer überblickt die Verläufe der Verwandtschaftslinien bei Cousinen/Cousins zweiten, dritten oder gar vierten Grades?

In früheren Zeiten nutzte man Karteikarten, Stammbaumvordrucke und andere hilfreiche Papiersysteme. Das war/ist recht mühsam und erfordert absolut korrektes Übertragen von Daten. Leichter läßt sich mit einem Computerprogramm die Erfassung sämtlicher Verwandtschaftsdaten erstellen, auswerten, ergänzen und mit anderen Interessenten teilen. Wenn man nun an den Punkt gelangt, daß zu einem erfolgreichen Weiterarbeiten ein Computerprogramm ausgewählt werden muß, wie entscheidet man sich? Auf was sollte man achten?

Unter folgendem Link findet man eine Übersicht mit allgemeinen Hinweisen:
http://wiki-de.genealogy.net/Kategorie:Genealogiesoftware

Ich arbeite seit Jahren mit dem Programm "Ahnenblatt":
Ahnenblatt - Freeware zur Ahnenforschung

Ahnenblatt - Freeware zur Ahnenforschung

Diese Freeware ist leicht zu bedienen, erfordert nicht erst das Studium eines Semesters Gebrauchsanleitung und bietet eigentlich alles, was man braucht. Die Oberfläche ist klar und übersichtlich gegliedert. Kein unötig bunter oder blinkender Schnickschnack. Informationen zur Funktionsweise des Programms findet man unter dem obigen Link. Aber auch zu allgemeinen Forschungsfragen enthält die Ahnenblatt-Seite hilfreiche Inhalte.

Ich möchte besonders darauf hinweisen, daß ich mittlerweile über 15.000 Einzelpersonen aus einem Zeitraum von etwa 500 Jahren ordentlich verknüpft mit Ahnenblatt erfaßt habe. Darunter gibt es komplizierteste Familienverhältnisse mit wechselseitigen Neuvermählungen, Stiefkindern und eigenen Kindern. Da kommen gern mal 5 verschiedene Familiennamen in einer Familie vor. Krass wachsende Datenmengen oder komplizierte Familienverhältnisse: alles das meistert dieses Programm mühelos.

Wer nun vielleicht neugierig oder skeptisch einen Blick auf die mehr als 15.000 werfen möchte, kann das hier tun: http://gw5.geneanet.org/viktorh_w 
Wie schon an anderer Stelle ausgeführt, sind das alles Ahnen aus der Region Ostpreußen, insbesondere aus dem Samland, aus den Kreisen Bartenstein, Pr.Eylau, Gerdauen und angrenzend. Ich bin nicht mit allen direkt verwandt, habe mich aber immer um eine möglichst vollständige und umfassende Ermittlung der Familienzusammenhänge bemüht. Dazu wurden auch verschiedene genealogische Veröffentlichungen ausgewertet und Daten aus Rückmeldungen von Interessenten mit eingebunden.

Ich danke allen Lesern für ihr Interesse, bedanke mich insbesondere für die teilweise sehr interessanten Rückmeldungen und Hinweise. Ganz besonders freue ich mich über die Entdeckung von bisher völlig unbekannten, weit entfernten Verwandten und den anschließenden anregenden Austausch.

Allen wünsche ich ein gesundes, zufriedenes, glückliches Neues Jahr 2012 !

Montag, 12. Dezember 2011

Klagen des Melchior Supplieth aus Suppliethen 1685

Wie im vorhergehenden Beitrag angekündigt, bringe ich hier die Transkriptionen der Akte mit der Signatur GStAPK, XX. HA, EM126c Nr. 89 über die Klagen des Melchior Supplieth aus Suppliethen. Die Schreibweisen der Familien- und Ortsnamen sind in der zeittypischen Form belassen worden. Möge diese Aktenabschrift als Beispiel für die Vorgehensweise der Preußischen Verwaltung und Justiz im Jahr 1685 dienen. Zum Abschluß füge ich einige meiner Gedanken und Erläuterungen an.

Actum Grünhoff d. 2. Augusti ao 1685
Nach fundirter Commision wie Melchior Supplit seine bey Sr.Churfrl.Durchl. gemäß unterthänigstem Supplicato geführete Klagten über den Burggraff zu Grünhoff folgendermaßen specificiret:
Klaget Er daß der Burggraff ohngefehr vor 4 Wochen Ihme durch den Cämmer[er] und Hoffman vier Ochßen vom Felde, wie er nicht zu Hause gewesen, ohne einige weder zuvor noch zur selbigen Zeit angezeigten Ursach nehmen laßen, welche Ochßen annoch zu seinem großen Schaden vorhanden und im Ambte gehalten würden, und sey Ihm selbigen Tages der 5te Ochß verrecket ohnbedacht aus was Ursachen, doch dörffte Er einige Suspicion auff die Exemtanten deßfals haben. Hierauff antwortet der Burggraff daß Er diese Pfändung wegen des Supplitten dem Ambte bewiesenen Wiedersezlichkeit, Ungehorsambs u. desfals Ihme dictirten aber nicht erlegten 20 rthlr habe thun müßen, u. zwar, weiln klagend[er] Supplit erstl. in Pfingsten einem Pauren von Woidnicken Nahmens Jürgen Laschcki 4 Pferde auffm Wege weggenommen aus diesem Vorwand, daß selbige Ihme seine Wiesen abgefretzet, u. da Er Burggraff auff anhalten des bemeldeten Jürgen Loschcki solchen vorgegebenen Schaden sofort durch die Schulzen zu Gauthenen und Schnipcken(?) mit Andeutung dem Supplitten, daß Er hiebey erscheinen und den Schaden anzeugen solte, welches von ihm nicht geschehen, untersuchen u. schäzen laßen, da Schulzen aber, weder die Spuhr, wie ... die ausgeschrieene abfressung der Pferde in den Wiesen befunden, welches Burggraff mit … producirten Attest obgedachten Schulzen vom 11. Juny n.a. behaubtet. Habe Er dannenhero dem Supplitten anbefehlen laßen, die Pferde dem Pauren wiederzugeben, deme Supplitt gar nicht nachgekommen, besondern solche Pferde die ganze Pfingst Woche u. so lange bey sich behalten, biß Burggraff selbige durch AmbtsZwang vom Supplitten liberiren u. dem Eigenthümer zustellen laßen müßen.

Dann habe Supplit einem Weibe, so bey seinem Vater gedienet, u. der Zwistigkeiten halber, so Vater und Sohn Irentwegen gehabt auff Ambtsbefehl sein Hauß räumen müßen, welcher Sachen Er Burggraff daher an einem andern Orte hin bringen laßen, selbige Sachen auff offentlicher Straßen angehalten u. gewaltsahmerweise zurücke genommen, auch, da Burggraff hierauff judicialiter besage producirten Urtheil vom 15. Juny n.a. erkandt, daß Supplit solche Sachen ins Ambt zu liefern schuldig seyn solte.

Dem selben durch Vorenthalt- und nicht ein Liefferung selbiger contraveniret, welchen Ungehorsahm u. Unbefugniß Burggraff der Churfrl. Cammer berichtet, u. Schreiben wie vorgezeiget worden, darauf erhalten, daß Er deßhalben Supplitt mit 20 Rthlr Straaf innerhalb 8 tagen zu erlegen, belangen solte, So Burggraff auf gravia citatione des Supplitten, also bewerkstelliget und solche Straffe ihme im Ambte mündlich angedeutet.

Supplit negiret hierauff bey den ersten, daß Er bey Besichtigung der Wiesen nicht zuhause gewesen, und also nicht erscheinen können, der angegebene Schaden aber sey richtig u. hätten die Schulzen falsch attestiret. Daß andere gestehet Er zuvor doch solcher gestalt, daß Er erstlich Ursach hiezu gehabt, weiln daß Weib unterschiedliche Dinge von seines Vatern Haabseeligkeit entwand, welchen Er, ehe es in frembde Hände gerahten, u. also verhastiret werden möchte, hiedurch zuvor kommen wollen, Dann … … ...en … deßen, da die Sachen hätten abgeliefert werden sollen und nicht auff der Straße geschehen, u. auch auff dieser Ursach(?), daß Es selbig … Manne nicht mit gewesen, solche des Weibes Sachen anzunehmen. Bey dem dritten negiret Supplit die Andeutung der Straffe und habe hievon nichts gewust. Burggraff beruffet sich diesfals auff die Landgeschwornen Kupzaun und Mikanten, welche auff den Morgen den Tag umb Ihre Wißenschafft hievon abzustatten, zu erscheinen bestellet worden.

Wegen des 5ten verreckten Ochßens wundert sich der Burggraff, daß Er Supplit die executorer hier unter in Verdacht ziehen wil, zumahlen durch die Wegnehmung der andern 4 Ochsen, diesen einen solchen Zufall nicht verursachen können. Es ist dieses von den Hirten u. andern so Wißenschafft hierumb haben möchten, genauer zu erforschen auff den folgenden Tag deferiret worden.

Beschweret sich Supplit daß der Burggraff im verflossenen Vorjahr, Ihme von den mit den Pauern im gemenge habenden Pläzen Acker und Wiesen, durch die selbst gethane maaßstreckung einige Schu abgegrenzet, denen Pauern adjudiciret, und ihme solcher gestalt die Kürtze gethan, und seine Huben des Gütchen verschmälert.

Burggraff berichtet, daß die mit dem Supplitten zusammen grentzende Churfl. Pauren sich verschiedentlich bey ihm beschweret hätten, als wann der Suplit der Jüngere sich von Jahr zu Jahr allmählich in ihre Acker eindringe, ihre Hubenzahl verringerte, seine aber vermehrete, dannenhero sey Er genöthiget worden, daß Churfl. Interesse bey dero Pauren zu beobachten und mit Zuziehung der Landgeschwornen, einen Überschlag dero Pläze ingesambt vom gantzen Dorffe durch die maas zu machen, da sich dann befunden, daß der Supplitten Plätzen an Äcker, die mit der andern Freyen gleich seyn solte, breiter als deßelbigen und das mit dem Supplitten zusammen grentzenden Pauren Acker, so auch mit seinem direkt anstoßenden Nachbahren eine gleiche distanz haben müste, schmaller gewesen, des Supplitten Wiese auch, welche den Äckern gleich über liegen u. mit denen in einer gleichen Maas der Breite nach stehen solten, welches der Supplit selbsten annimbt, wohl drey Schwat breiter alß sein Acker gewesen, wannenhero Burggraff nicht anders gekont, als solchen fundament u. Maaße nach einen jeden daß seinige zuzuordnen u. wäre Supplit auch dahmahlen selbsten mit sothaner Eintheilung zufrieden gewesen.

Supplit negiret dieses, wie auch daß die Pauren sich bey dem Burggraffen über die abgrentzung beschweret hätten und fundiret sich auff die vieljährige ungestrittene Possession von verschiedenen Vorfahren her u. daß daher, so noch eine Ungleichheit zu finden seyn möchte, dieses alles schon prescribiret were.

Burggraff bittet die Pauren wegen der negirten Klagten zu verhörn, wie auch ds Sr.Churftl.Durchl. geruhen möchte durch einen geschworenen Landmeßer, der ohne dem Befehl erhalten, einige gewiße Maaßstreckung im Cammerambt Grünhoff vorzunehmen, Diese Zwistigkeiten zugleich entscheiden zu laßen, die Pauren zum Verhör auff Morgen ins Ambt zu betagen ist dem Burggraffen mitgegeben worden, wegen der Maaßstreckung excipiret Supplit, daß Er den Landmeßer pro parte zu contentiren keine GeldMittel hätte und wüste.
Sonsten hat Supplit noch verschiedene Klagten und postulata wieder den Burggraffen, aber so verworren und durcheinander vorgebracht, daß man sich darinnen nicht richten können, daher Ihme anbefohlen worden, alle seine Beschwerde schriftlich auffzusetzen und auff morgen punctatim einzureichen.
Der Akte beigeheftet: Melchior Supplitts Handschrift
1)Di weitschrift 2) Mein Buch 3) Der Kontracht 4) Den Hirsch fenger
5) Die Ochsen 6)Waß ich Mit der Arrest schaden gelitten 7) Di Unrecht
Außfendung 8) Di bienen 9) Di amtschriften Meinen Namen
waß Kammer Radschreiber hat wechgenommen
Melchyor Syppllytt


Actum Grünhoff d. 3. Aug. 85
Im heutigen dato erscheinen der Klagende Suplit, die Supplitische Pauren u. Hirte.

Supplit übergiebet beygehendes Zettelchen, darauf seine Klagten, so viel Er sich derer dieses mahl erinnern können, alle specificiret worden.

Die Landgeschwornen Kupzau und Mickait, welche Burggraff gestrigen Tages zu Zeugen, daß Er den Supplitten in ihrer Gegenwarth wegen vorhero angeführten Ungehorsams und Ursachen, die 20 Rthlr Straffe innerhalb 8 Tagen zu erlegen, zuerkant und ihme solches mündlich angedeutet, werden auff ihren Eyd und Gewißen befraget, ob Sie solches geschehen zu seyn gewiß wüsten, sagen aus, daß Sie dahmahlen im ambte zugegen gewesen u. dieses factum so wie es Burggraff nach allen Umbständen vorgebracht, mit ihren Ohren angehöret hätten, u. beyderseits bereit weren, solches wenn Es von ihnen begehret würde, mit einem Cörperl. Eyde zu erhalten, fügen auch weiter dabey an, daß dahmahlen der Supplit in der AmbtsStube sehr laut und unnütz gewesen und hätte es vielleicht mit Fleiß nicht hören wollen.

Supplit bleibet ungeachtet dieser Überzeugung constantissime bey seiner negation, wüste und hätte von keiner Straff gehöret.

Die Pauren außm Dorff Supplitten zeigen wegen der Grenzstreitigkeiten mit dem Freyen Melchior Suppliten auff Befragung nicht allein ein, daß Sie deßfals im Ambte geklaget u. die Übermeßung des Burggraffen auff ihr anhalten geschehen, besondern auch, daß Supplit dem ihme zunechst anstoßenden Pauren in etwas durch allmähliche abPflügung einige seiner Plätze abgegrentzet.

Supplit verneynet dieses und bleibet bey seinen vorigen Einwenden und Beybringen.

Wegen des dem Supplitten verreckten Ochßens geben der grünhöffsche Hoffman Grunau, der vorbemeldete Hirt und die Hirtsche diesen Bericht, daß der Ochße schon 8 Tage zuvor ehe die Pfändung der im anfange gedachten 4 Ochßen geschehen, krank gewesen und nicht freßen wollen, müßte einen innerlichen mangel gehabt haben, daran er verrecket.

Supplit kann sich deßen nicht erinnern, hätte es auch von seinen Leuthen nicht gehöret.

Weiln des Supplitten übergebene und oben angezogene Klagen puncta sehr kurtz und so beschaffen, das Sie Nothwendig einen Commentatoren erfordern, Ist Er selber von stük zu stük gehöret worden, und seine explication und des Burggraffen Antwort folgendes:

1. Die WeideSchrift. Dieses ist ein Curfrl. Rescript betr. der Dörfer Supplit, Cantrinen, Pertellnick und Watnicken Viehe Weide, so Lorenz Göbel ihnen disputirlich gemacht, Sr. Churfl. Durchl. aber es jenen zuerkant Sub dato Königsbg. d. 8 Aug. ao 63 welches original Supplit, weiln es ihme mit anginge und auß wirken hette, vom Ambte zurück begehret. [Suppliethen, Kiautrienen, Perteltnicken, Wartnicken (später umbenannt in Watzum)]
Burggraff saget, daß Er dieses, weiln es ihme nicht alleine, sondern auch andern Churfrl.Dörffern concernirete, mit Fleiß in der AmbtsRegistratur vorsehrlich auffgehoben und daselbst bey zu behalten vernünftig befinde.
Welches also entschieden, daß dem Supplitte davon genugsahme vidimirte abschrift gegeben.

2. Mein Buch. Soll die alte Pr. Chronica seyn, so Supplit aus dem Ambte wiederbegehret. Burggraff berichtet, daß dieses Buch wegen zwischen dem alten Supplitten deme es zugehöret, und dem Sohne, der es vom Vater weggenommen und nicht wieder geben wollen, großer Streit entstanden und dem Ambte geklaget worden, welchen zu heben Er ds Buch dem Ambte einzuliefern anbefohlen, welches wie es geschehen sey eben dazumahl der Wiltnisbereiter Abt im Ambte zugegen gewesen und habe es dem Supplitten auf eine Zeit abgelehnet [ausgeliehen].
Der alte Supplit saget der WiltnisBereiter Abt habe ihm wie einen guten Freund nicht groß darumb angesprochen, sondern untern Arm genommen und sey damit weggegangen.
Burggraff nimmet über sich diese chronica dem Supplitten von dem Abte innerhalb 8 Tagen wieder zu verschaffen.

3. Den Contract. Hiemitt hatt es diese Bewandnüs, Es ist der alte Supplit eines Medchens Barbara Plaumann Vormund geworden u. hatt dieses Documentum so eine TheilungsSchrifft ist wegen des CrantzKruges bemeldter Plaumann concernirende in Händen gehabt, welches Er, weiln man Ihn seines hohen Alters halben der Vormundschafft überhoben, die bemeldete Persohn auch bereits majorennis worden, dem Ambte zugestellet, von welchem Er auch gnugsahmen Schein u. Quitung darüber wie vorgewiesen word. überkommen.

Der junge Supplit giebet hiebey vor, die vorgedachte Plaumannin hätte ihn, wie einen nahen Verwandten zum curatoren erwehlet u. müste derohalb diese Schrift haben.
Der alte Supplit saget, daß Es denn gantz und gar nicht also sey u. sehe diese Plaumannin viel lieber, daß Sie seines Sohnes angebohtene Dienste vielmehr entübriget, als damit belästiget werden möchte.
Damit dem Klagenden Supplitten auch hierunter gefüget werden möchte, ist gewilliget worden, Ihme von dieser Schrift vidimirete Abschrift zu geben.

4. Den Hirschfänger. Dieses ist wegen der Uneinigkeiten des Vaters und des Sohnes zu Verhüttung Schlägerey und Unheils ins Ambt genommen, aber diesesmahl, damit auch desfals ihme die Ursach, zu weitern Klagen benommen werden möchte, wieder zugestellet worden.

5. Den Ochßen. Supplit berichtet hievon, daß der Burggraff ihme vor 4 Jahren einen Ochßen nehmen laßen, wüste aber nicht warumb, ohne ds Er von selbigen 4 mk aus dem Ambte zurück bekommen.
Burggraff kan sich deßen, bemercket, es eine lange Zeit u. von dem Supplitten verschiedenes Viehe, bald wegen AmbtsSchuld, bald wegen Straffe und andern Ursachen, ins Ambt gebracht werden müßen, nicht erinnern.
Supplit befraget, wer von Ihme dann diesen Ochßen weggeholet, weiß keinen, weiln er es vergeßen zu nennen.
Dem AmbtsCämmer fället so viel bey, daß vor einigen Jahren vom Supplitten ein Schwarzer Ochße mit einem weißen Kopffe, wegen Schlägerey so deßen Vater mit einem Schneider vorgehabt … u. vom Supplitten desfals 6 mk zurück gekehret worden sey.
Der Burggraff findet in den Rechnungen, daß Er wegen Schlägerey mit dem Schneider 15 mk Straff vom Supplitten zur einnahm gebracht u. könnte woll seyn daß Er deßfals diesen Ochßen nehmen laßen und die nach der taxa überschießende 6 mk dem Supplitten aus gezahlet.
Gürge Loschcke Pauer von Biduncken(?) erinnert sich daß Er einmahls einen Ochßen von Supplitten geholet, so darumb geschehen, daß Er 1 paar Pistolen, so von des Supplitten verstorbenen … dem Jürgen Redut gegeben, auffs Ambt Befehl nicht habe außfolgen wollen, kann also hierunter weder von einen noch dem andern Theil eine Gewißheit determiniret werden.

6. Was ich mit dem Arrest Schaden gelitten. Dieses soll darinnen bestehen, daß man Ihn Supplitten offters im Ambte in Arrest, auch wol zu 2 Tage lang, seinem Vorgeben nach, ohne Ursach behalten, wodurch Er nicht weniges versäumen und Schaden nehmen müßen.
Burggraff verneinet zuvor seine offtere Verarrestirung nicht, doch sey es niehmahlen ohne sonder bahre Wichtigkeit, am meisten aber wegen Schlägerey und Klagten des Vaters über den Sohn geschehen, welches der Supplit selbsten nicht in Abrede seyn könne.

7. Die Unrechte Auspfändung. Hat diese Beschaffenheit, daß man Ihme Supplitten vor 2 Jahren 1 Ochßen und 1 Strenze u. vorm Jahr aber mahl einen Ochßen gepfändet, die Er zuvor wieder bekommen, aber auch teuer genug einlößen müßen.
Indem Er wegen des ersten 1 Thonne Bier, so sein Vater aus dem Ambte genommen u. weggeschencket, bezahlet, wegen des andern gewiße Quirl(?)gelder und des 9sten halber einige Straff darumb, daß Er auff eine Collation Bier anderwerts u. nicht aus dem Ambte genommen, zu erlegen angehalten worden.
Burggraff beziehet sich deßfals auff des Supplitten eigene Bekäntniß und angeführten Ursachen, woraus erhelleten, daß Er solches Zuthun Ambts wegen gehalten gewesen.

8. Die Bienen. … wegen hätte Er diese Besch... das wie Er unlängst nach Königsbg. umb seine Klagten Sr. Churfrl.Durchl. vorzustellen u. diese Commission auszubitten einige Reisen gethan, hätte unterdeßen einige seiner Bienen geschwalmet, welchen Er, weiln Sie keiner in Acht genommen, quit gehen müßen.
Wie dem Burggraffen hievon nichts wißend, also achtet Er auch, weiln einjeder von selbsten gar leicht abnehmen könte, weme die Schuldt hierunter beyzumeßen, vor unnöhtig, hier vor viel antworten zu machen.

9. Was Cemmer und Schreiber hat weggenommen. Bestünde darinnen, daß diese Ihme etliche mahl gewiße victualien an getreyde und andern genommen, und dem alten Suppliten, seinem Vater gegeben.
Burggraff saget daß dieses ad instantiam seines alten u. unvermögenden Vaters, welcher geklaget, daß der Sohn ihme den schuldigen Unterhalt und die LebensMittel entzogen, geschehen, welchen AmbtsZwang ihme nicht versagen können.
Supplit verabredet dieses zwar nicht, doch erinnert Er dabey, daß bemeldte Executores herunter excediret und sich selber davor was zugeeignet. Burggraff weiß davon nichts, sagende, wenn Supplit zu solcher Zeit daßjenige angezeiget, were ihm kein Rechtspfleger versaget worden.

Über vorgemeldetes klaget Supplit über den Burggraffen noch weiter, daß innerhalb 3 Jahren alle Rechtspflege im Ambte sey versaget worden. Supplit wird ersuchet, solches zu specificiren und einige gewisse Casus zu benennen, entschuldiget sich aber, daß Ihm itzo keine beyfallen wollen.

Endlich bricht Er hervor u. berichtet, daß Er weder vor Jahren noch dieses Jahr die wegen gewißer verursachten Schaden in seinen Wiesen gesuchte Besichtigungen vom Burggraffen habe erhalten, noch der Landgeschwornen dazu habhafft werden können.

Burggraff nimmt diese Beschuldigung, deßen Ihn noch niemand so lange er in Churfl. Diensten gewesen, bezüchtiget, noch nicht Recht wird bezüchtigen können, pro atrocissima injuria auff, behält sich sein Recht dawied[er] bevor … , umb solches wieder den Supplitten auszuführen, bey Sr.Churfrl.Durchl. umb assistentiam Fisci anhalten, bittet ferner die Landgeschwornen, so zugegen, darüber zu vernehmen.

Die Landgeschwornen Johann Reicherd u. Michel Mackait hierumb befraget, vermelden und sagen dem Supplitten unter die Augen, daß Sie vorm Jahr wol 10 mahl u. dieses Jahr verschiedentlich, auch nun vor 14 Tagen Schlägerey halber in gewißen Besichtigungen beym Supplitten gewesen.

Supplitt excipiret dagegen daß es nicht ad sui instantiam sondern anderer Leuthe geschehen. Die Landgeschwornen verscheidigen daß contrarum dagegen.

Worauff Supplit selbige graviret, daß sie nichts anders thun müsten und redeten, als was der Burggraff haben wolte, sprechen auch nicht nach Recht sondern nach des Burggraffen Willen.

Die Landgeschwornen beklagen sich über solche injurien, bitten unterthänigst Sr.Churfl.Dhl. wolte geruhen, Sie in ihrem Ambte herwieder zu schützen u. solches an dem Supplitten zu ahnden, sonsten würden sie genöhtiget werden, daßelbe in foro conte … zu suchen.

Supplit wil diese Klagten und Bezichtigungen behaubten, mit vorher angeführten Weitinickschen Pauren Loschki Sache, welchen Er 4 Pferde gepfändet und restituiren müßen. [hier ist der Ort Woytnicken gemeint]

Burggraff berufet sich auff daß jenige, was vorhero desfals angeführet u. daß Er die Besichtigung, weiln es in den Heil. Pfingst Tagen geschehen, auff anhalten des Pauren Loschcki durch die Schulzen thun laßen, vermeinend woferne ja Supplit einige Untersuchung solte gesuchet haben, müßte es als dann erst, zumahlen Er vorhero selbsten gestanden, daß Er nicht zu Hause gewesen, geschehen sey, wie nicht mehr resintegra(?) gemessen(?).

Weiter führet der Supplit obiges zu defendiren an, daß ao 84 eines Pauren Nahmens Bartell Gottfried Kühe, Ihme in seinem Haberfelde Schaden gethan u. obgleich selbige Kühe gepfändet, habe Er sie doch dem Pauren auff befehl des Burggraffen ohne Untersuchung und Rechtspflege loßgeben müßen.

Burggraff bringet dagegen bey, daß der Pauer Gottfried, wie seine Kühe gepfändet gewesen, so fort zu ihme gekommen sey, u. des Suppliten eigenen Knecht mitgebracht habe, mit selbigen erweisende, daß der Schade von keiner importans u. nicht 8 gr auffs Höchste zu schätzen. Dan auch, daß nicht Er, sondern der Hirte daran Schuld habe, welcher im Zuhause treibung des Viehes diese Kühe austreten laßen, dahero auch nicht Er, sondern der Hirte zu Bezahlung des Schadens gehalten werden müste. Hierauff nun hätte er dem Pauren seine Kühe zu extradiren befohlen und 12 g Futtergeld dem Supplitten zu erlegen zuerkandt, welches Er mit dem Ambtsprotocoll also erwiesen, wie aber Supplit nicht zufrieden gewesen, habe Er einen AmbtsBefehl an die Landgeschworenen dem Supplitten ertheilet, daß Sie diesen vorgegebenen Schaden besichtigen und schätzen solten, dem Suppliten auch dabey genugsahme Satisfaction von dem Hirten mündl. Versprochen, welches Er mit gedachten Befehl vom 31. Juli ao 84, so Supplit selbsten produciret, dargethan.

Supplit vermeinet Ihme hierunter ungleich geschehen zu seyn, weiln Er sich nicht an den Hirten, sondern an die Kühe so ihm Schaden gethan, und ihrem proprietaris zuhalten hätte.

Noch klaget der Supplit, daß, wie er vorm Jahr gewiße Ziegelfuhren von Königsbg. nach Pobehten nebst andern nachbahrn verrichten müßen, 2 Pauren von Mayotten(?) dahmahlen ausgeblieben u. Sie damit die Ziegel nicht zu Königsberg liegen bleiben möchten ein ieder 50 st. mehr alß wie ihnen obgelegen, auffgeladen u. also die Fuhren vor die Mayoter verrichtet, Sie solches den Burggraffen angezeiget und umb Satisfaction gebehten, da habe zwar der Burggraff beyde Majotter jeden auff 3 mk auspfänden laßen und solches Geld ihmen vor gemeldete Fuhre zugesaget, bald aber darauff das Geld den Majotern wieder looß gegeben und ihn bis hieher desfals unvergnüget gelaßen.

Burggraff gestehet dieses alles, doch mit dem Anhange, daß Er daß gepfändete Geld nicht schlechter dings, sondern auff der Majotter und die die Ziegelfuhren vor Sie verrichtet, eigen bericht, wie sie unter sich im Beyseyn des Kirchenvaters Berbers (Biebers?) derogestalt sich verglichen, daß die Majotter ins Künftige andere Fuhren, vor Sie desfals über sich nehmen solten u. wolten, loosgegeben, welches die Interessenten von beyden Theilen zugegen also einzeigen[einzeugen] u. damit zu frieden.

Supplit aber wil hiebey nicht aequiesciren, weiln Ihm seyn Fahrzeug dahmahlen in Stücken gegangen, die Nachbahrn so mit geführet, sagen es wäre des Supplitten Freye Wille gewesen, das Er diese 50 st mehr auffgeladen, u. wäre seyn Fahrzeug außer dem woll entzwey gerißen.

Endlich befindet sich der Supplit noch graviret über ein Testament, so ein Freye Nahmens Werdermann, welcher seines Vatern Schwester zur ehe gehabt, zu sambt dieser auffgerichtet und solcher gestalt hinterlaßen, daß der alte Supplit und ein anderer Werdermann ihre Verlaßenschaft zu gleichen theilen erben solten, doch also, daß daß Cölmische Gütchen Laukenicken dem Werdermann verbleibe u. d. Supplit ausgezahlet werden solte; dann über den Contract .. des Gütchens halber im Ambte mit dem … getroffen, und über die inventation der Mobilien, weiln er jenes zu gering angeschlagen und in diesen verschiedene Stücke verschwiegen zu seyn vorgiebet, auch die Naheit zu dem Gütchen vor den Werdermann praetendiret.

Burggraff beziehet sich wegen posses des Gütchens Lauckenicken vom Werdermann auff die ausdrückliche Worte gemeldeten Testaments, wegen des praetii selbigen Gütchens auff einen alten Contract gemees welchen es d. testator Werdermann bey guter Zeit an sich genommen und in gleicher parität u. diesem Erben zugeschlagen worden, u. wegen inventation der Mobilien, daß der MitErbe Werdermann den Schicht Eyd darüber zu praestiren sich allemahl erkläret, zu welchem Er sich auch anietzo offeriret.

Supplit weiß auff Befragen die verschwiegen zu seyn vermeinende Mobilien nicht nahmhafft zu machen, dagegen praetendiret Werdermann, daferne Er den Schicht Eyd thun solte, von dem Supplitten ds juramentum collationis, weiln Er in gewiße Erfahrung kommen, daß Ihme vorhero aus der Erbschafft verschiedene Stücke an Silber, Leinen und andere Sachen zugewandt worden. Man hat sich zwar bemühet einen Vergleich u. Vereinigung unter diese zu treffen, allein der Supplit, da doch sein Vater der Rechte Erbe und mit aller Verhandelung zuvor zufrieden gewesen, auch anitzo desfals nichtes zuwieder sprechen hat, bleibet ge.... auff seine vermeinte praetensiones und hat sich zu nichtes bequemen wollen, dannenhero man ihn ans Recht verwiesen.

Nach geendigter Commission und wie Wir gleich nach Hause zu fahren auffsitzen wollen, findet sich der Supplit auffs Neue ein, u. giebet vor die mit Ihm grentzende Pauren hätten vorgegeben, sie wüsten von keiner Verkürtzung ihrer Äcker und Wiesen und daher ihn gebehten bey der Commision anzuhalten, daß Es doch bey dem alten, wie es vor des Burggraffen gemachten Eintheilung gewesen, verbleiben möchte. Ob man nun wol dem Supplitten, aus der Pauren vorig gethanen außagung ein anderes remonstriret, ist er doch nicht zu bedeuten gewesen. Daher mag genöthiget worden die Pauren wieder vorfordern zu laßen, selbige aber, wie sie erscheinen verwundern sich über das Suppliten Vorbringen, und ist keiner der ds geringste davon wißen will. Auß welchem mehr alß zuviel das Supplitten seltsames Gebaren abzunehmen.
Actum im Cammerambt Grünhoff anno ct die ut supra
Bernhard Radzki        Samuel Linck

-------------------------------------------------
Durchlauchtigster Großmächtigster Churfürst,
gdster Herr pp
Gdster Herr, Gott im Himmel weiß, auch der Burggraf kan nicht anders auffassen, daß ich wen alles den(m) meinigen gekommen und wegen der Dürftigkeit so mich leyder ! betr.. fast verzagen muß, flehe dennoch zu E.Churfl.Dhl. Gnaden … , umb Gottes Willen bittende benante obige Strafe mir gdst zu erlaßen, damit ich mich ….... … gantz auß meiner Haußhaltung gesetzet ./. wieder …. , und meinen Vater den schuldigen Unterhalt dar... möge. Worüber … gdste Erhörung
E.Churfl.Dhl.
Unterthänigster
Melchior Supplitt          prstm d 10 August 1685
[sehr flüchtige, schnell hingeworfene Schrift, kaum zu lesen; vermutlich Abschrift eines Originals]


Friedrich Wilhelm, Churfürst p.
Lgetr. [Liebe Getreue] Uns ist die Commissorialische Relation des Freyen Melchior Supplitten wieder Dich und die Landgeschwornen geführte Klagten auch Deine und ihre darauff gethane Verantwortung betreffend, nebst Deinen und und der Landgeschwornen unterthänigster Supplicato fürgetragen worden, woraus Wir vernommen, daß bemeldeter Supplitt ungegründete Dinge angegeben habe, hingegen vieler Unbefugniße überführet sey. Nun mochte er wol dadurch eine Beahntung, wie Du nebst den Landgeschwornen demütigst darumb bittest, verdienet haben, zumahl da er auff seinen eigensinnigen Kopff bestehet und keine Weisung annehmen wil: weil er aber daneben einfältig und ohne das bey schlechten Mitteln ist, so wollen Wir bey der vorhin ihme dictirten Straffe der zwanzig Thlr und der ihme gefundenen Erstattung der Zwanzig Mk 30g veruhrsachter Unkosten es bewenden laßen, Dir gdst befehlende, daß Du ihme zur Zahlung solcher beyden posten einen Terminum ansetzest und, so er denn damit säumig seyn würde, selbige mit behörigem Nachdruck beytreibest.

An Burggrafen zu Grünhoff
wegen Melchior Supplitten, Freyen, geführter Klagten
d 10. Octob. 1685
~   ~   ~   ~   ~   ~   ~
Bei ersten Lesen der Akte war ich irritiert: worum geht es hier eigentlich? Ein persönlicher Rachefeldzug mit gehörigem Machtmißbrauch des Amtmanns in Grünhoff (in dieser Zeit Burggraf genannt) gegen einen renitenten Gutsbesitzer? Oder ist der Melchior Supplitt junior einem Wahn anheim gefallen, daß die ganze Welt nur zu seinem Schaden agiert und er sich rigoros verteidigen muß? Oder ist Melchior nur ein notorischer, aber dummer Lügner? Was läßt den Sohn eines ansonsten anerkannten und geachteten Kirchenvorstehers zu solch einem "Kotzbrocken" werden? Warum gibt es zeitweilig Krieg und Kampf "bis aufs Messer" zwischen dem auf seinem Altenteil lebenden Vater und dem das Gut führenden Sohn?

Nach mehrfachem Lesen und gründlicher Transkription der alten Handschriften frage ich mich, wie Melchior Supplitt jun. so wurde, wie er hier dargestellt wird. Die Curfürstlichen Räte in Königsberg urteilen: "zumahl da er auff seinen eigensinnigen Kopff bestehet und keine Weisung annehmen wil: weil er aber daneben einfältig". In den Augen der Obrigkeit handelt Melchior nicht bewußt und berechnend, sondern einfältig. Die meisten seiner Behauptungen und bösen Anschuldigungen fallen in sich zusammen, wenn man die Zeugenaussagen der anderen Beteiligten hört. Aber dann sagen die Zeugen eben falsch aus, sind beeinflußt - meint Melchior in halsbrecherischer Sturheit.

Curfürst Friedrich Wilhelm
von Brandenburg
Herzog von Preußen
1620 - 1688
In diesem Verfahren ist man Melchior so weit wie möglich entgegen gekommen. Das nahezu wahnhafte Festhalten an seinen Behauptungen und die damit verbundenen heiklen Unterstellungen zu Lasten der höherrangigen Beteiligten (die Landgeschworenen, der Burggraf des Amtes Grünhoff, die Königsberger Commissarii) hätten ihn bei strenger Anwendung damaliger Rechtsgepflogenheiten in sehr ernste Schwierigkeiten bringen können. Denn alle zum Ende des Verfahrens vom ihm erneut Beschuldigten haben diese ehr- und würdeverletzenden Unterstellungen im Nachgang zu diesem Verfahren zur Anzeige gebracht und um ordentliche Bestrafung gebeten. Melchior hat hier sozusagen Stellvertreter der Landesherrschaft völlig haltlos grober Amtsverletzungen beschuldigt. Mithin handelt es sich bei diesen Beleidigungen auch um eine Beleidigung der Landesherrschaft, hier also des "Großen" Churfürsten Friedrich Wilhelm in Berlin und da hört gewöhnlich der Spaß auf und beginnt die Staatsraison.

Melchior wird erstaunlicherweise nur zur Ableistung seiner bereits vor dieser Untersuchung festgestetzen Strafe von 20 Thalern (wegen seiner Widersetzlichkeiten) und der Erstattung der Kosten des Verfahrens "verdonnert". Nach damaliger Wertigkeit zwar eine deftige Geldstrafe - aber die Sache wäre viel schlimmer für Melchior ausgegangen, wenn die preußischen Juristen weniger menschliches Augenmaß bewiesen hätten.

Labels: , , , , ,

Samstag, 10. Dezember 2011

Eine langwierige Erbgeschichte und ein prußischer Familienhintergrund: SUPPLIETH

Eigentlich habe ich immer gedacht, in unserer Familie kann es keine komplizierten Erbauseinandersetzungen geben. Sämtliche Verwandtschaftslinien haben 1945 im Zuge der Kriegsfolgen ihr Vermögen verloren. Die bescheidenen und recht übersichtlichen Besitzverhältnisse der überlebenden Familienmitglieder würden wohl keine Grundlage entstehen lassen, auf der es zu nennenswerten Erbfällen kommt - dachte ich.

Waltraud Supplieth  2009
Im Sommer 2009 stirbt eine Cousine meiner Mutter hochbetagt in ihrer Wohnung in Kiel: verwitwet, kinderlos, kein Testament. Die Behörden der Stadt Kiel versiegeln die Wohnung. Eine Bekannte der Verstorbenen weiß von der Existenz meiner Mutter, kennt jedoch nur den Vornamen, weiß aber, wo die Telefonnummer und Adresse in der Wohnung der Verstorbenen zu finden wäre. Es dauerte Wochen, bis es ihr gelingt, unter Aufsicht in die Wohnung gelassen zu werden, die Verbindungsdaten herauszusuchen und über den Todesfall zu berichten. Meine Mutter hat sich bereits große Sorgen gemacht um ihre Cousine, die sie telefonisch nicht mehr erreicht hat. Als nun endlich die Nachricht an meine Mutter gelangt, hatte die Stadt Kiel die Verstorbene schon lange beerdigt und man ist ganz überrascht, daß es doch Verwandte von dieser alleinstehenden alten Dame gibt. Das Ordnungsamt verweist meine Mutter an das Nachlassgericht, um ihre Ansprüche anzumelden und die erforderlichen Schritte einleiten zu können.

Das Nachlassgericht Kiel reagiert zunächst auf kein Schreiben, der benannte Sachbearbeiter ist über Wochen telefonisch nicht erreichbar, in die für alle Nachbarn und sonstigen Hausbesucher offensichtlich unbewohnten Wohnung wird mit einem Nachschlüssel eingebrochen, die angebrachten Siegel sind verletzt, wie der nach über 2 Monaten endlich eingesetzte Nachlasspfleger feststellen muß. Dieser dubiose Umstand ist von der Polizei nicht aufgeklärt worden, obwohl konkrete Verdachtsmomente gegen eine frühere Putzfrau vorliegen.

Der Nachlasspfleger will die Mietwohnung räumen, um weitere Kosten zu vermeiden. Die nächsten Anverwandten werden befragt, ob sie Haushaltsgegenstände aus der Erbmasse herauskaufen wollen. Mir geht es im wesentlichen darum, die privaten Briefe, Fotoalben und sonstigen Papiere davor zu bewahren, daß sie durch einen Haushaltsauflöser entsorgt werden. Der Nachlasspfleger hat bereits die Wohnung nach Papieren durchsucht, die für eine Klärung von Erbschaftsansprüchen relevant sein könnten. Ich habe ihn darauf hingewiesen, daß die Erblasserin einen Ahnenpass besessen hat, aus dem wichtige Familiendaten zu entnehmen seien. Von diesem Ahnenpass hatte ich schon vor über 25 Jahren auszugsweise Kopien gemacht. Das sind damals meine ersten Schritte auf dem Wege gewesen, die Familiengeschichte zu erschließen. Der alte Ahnenpaß wird (wieder-)gefunden.

Ein weit ins 19. Jh. hineinreichender familiärer Hintergrund der Verstorbenen wird im Verlauf der Aufklärung dieses Erbfalls besonders bedeutsam:
Die Verstorbene:
Waltraud, geb. SUPPLIETH, geboren 1918 in Pobethen im Samland/Ostpreußen, verstorben Juni 2009 in Kiel.
Ihre Mutter, meine Großtante:
Käte MÜLLER, verwitwete SUPPLIETH, geb. SCHWEICHLER
*1892 in Stombeck, Kreis Königsberg/Ostpreussen; † 1988 in Kiel

Horst L. Müller   1945
Der erste Mann meiner Großtante und Vater der Erblasserin, Erich SUPPLIETH, ist 1918 als Soldat in Frankreich gefallen. Erich SUPPLIETH war Gärtnereibesitzer in Pobethen. Käte betrieb die Gärtnerei weiter als Witwe, heiratete 1926 ihren langjährigen Gärtnereigehilfen Alfred Müller. Aus dieser Ehe entstammte ein Sohn, Horst Lothar MÜLLER, *1927 in Pobethen. Er ist jedoch seit 1944-45 als junger Soldat im Krieg verschollen. 1937 verkauft Käte mit ihrem 2. Ehemann die Gärtnerei in Pobethen. Für den Erlös erwirbt die Familie ein Mietshaus in Königsberg-Ponarth, in der Brandenburger Str. 71. Man lebt von den Mieteinnahmen. Waltraud erhält als Kind aus 1. Ehe zur finanziellen Absicherung ihres Anteils des Familienvermögens ein Sommerhaus in Georgenswalde. Georgenswalde ist ein idyllischer Badeort an der spektakulären nördlichen Samlandküste: 40 – 60 Meter hohe, bewaldete Steilküsten, endlose Strände, ein ruhiges Hinterland. Sie bewirtschaftet diese Villa in den Sommermonaten als Ferienpension für Urlaubsgäste. In den Kriegsjahren muß Waltraud Dienst als Schwesternhelferin leisten. Waltraud SUPPLIETH gelingt mit ihrer Mutter die Flucht nach Westen auf einem Schiff. Unter unvorstellbar dramatischen Umständen kommt man knapp mit dem Leben davon und gelangt nach Kiel.

Vor diesem Hintergrund stellt nun das Nachlassgericht Fragen:
  • Was wurde aus aus dem Halbbruder der Verstorbenen, Horst Lothar MÜLLER?
  • Gibt es Abkömmlinge aus Geschwisterlinien des gefallenen Vaters der Erblasserin?
  • Wie können die Abkömmlinge aus Geschwisterlinien der Mutter der Erblasserin ihre Erbberechtigung nachweisen (keine Urkunden mehr vorhanden!)?
Solange diese Fragen nicht ordentlich durch Vorlage amtlicher Unterlagen beantwortet werden können, kann kein Erbschein erteilt werden.

Wie und wo findet man heute, nach so langer Zeit, Antworten auf solche Fragen? Wie beweist man Verwandtschaften, wenn keine amtlichen Papiere darüber erhalten geblieben sind und nach Lage der Dinge von keiner Behörde ausgefertigt werden können? Wie ermittelt man unbekannte Verwandte ohne amtliche Quellen?

Nun komme ich als Familienhistoriker und Genealoge ins Spiel. Der Nachlasspfleger hat die Idee, daß ich mich hinsichtlich der Recherche der unbekannten SUPPLIETH-Erben beim Nachlassgericht als Erbenermittler bewerben könnte. Im Januar 2010 entscheidet das Nachlassgericht auf meine Bewerbung, daß ich nicht als Erbenermittler auf Honorarbasis zugelassen werden kann, weil ich über meine Mutter mittelbar Betroffener bin.

Der Nachlasspfleger weist darauf hin, daß mit einem ziemlich langen Verfahren zu rechnen sei, wenn zur Auffindung von möglichen SUPPLIETH-Nachkommen der darauf entfallende Erbanteil öffentlich ausgeschrieben werden müsse, damit dann professionelle Erbenermittler auf die Suche gehen können. Vielleicht gelänge es mir ja doch, wichtige Ergebnisse zu ermitteln, zwar ohne Honorar für mich, aber doch mit der Aussicht auf eine schnellere Abwicklung der Erbgeschichte.

Meine Mutter ist zwischenzeitlich völlig entmutigt und möchte beinahe allen Erbschaftsansprüchen entsagen, weil das Wühlen in der Vergangenheit alte Wunden aufreißt und die Nachweisprobleme unübersehbar werden. Wie soll man gegenüber einem Gericht heute die familiäre Abstammung belegen, wenn durch die Kriegsfolgen, durch jahrelange Zwangsarbeit im russisch besetzten Ostpreußen sämtliche eigenen amtlichen Papiere verloren gegangen sind? Was macht man, wenn alle in Frage kommenden staatlichen Standesamtsunterlagen und Kirchenbücher aus der Zeit von 1874 bis 1945 vernichtet wurden? Wie belegt man die eigenen Existenz und Abstammung, wenn keine deutsche Behörde ein diesbezügliches Papier ausstellen kann bzw. nur bescheinigt, daß die persönlichen Daten aufgrund eidesstattlicher Versicherung aufgenommen wurden? An die eigene, amtlicherseits irritirend fragile Existenz erinnert zu werden, schmerzt und rührt an tiefer liegenden, noch unangenehmeren Erinnerungsschichten, die man jahrzehntelang erfolgreich mit viel Arbeit zu verdrängen vermochte.

Ich mache mich an die Arbeit:
Es gibt noch lebende Zeitzeugen, die bei einem Notar eidesstattlich versichern können, daß mein Großvater mehrere Schwestern hatte, darunter die Mutter der Erblasserin. Auf gleiche Weise gelingt es nachzuweisen, daß die heute erbberechtigten Cousinen der Erblasserin tatsächlich Kinder jener nunmehr eidesstattlich versicherten Geschwister der Mutter der Erblasserin sind. Alle Beteiligten sind heute hochbetagt um die 80 Jahre alt oder älter. Alle zu klärenden Anliegen müssen entsprechend sorgfältig vorbereitet und aufwändig betreut werden. Alles ist etwas umständlich und mühsam, aber zu bewältigen.

Parallel zu den oben genannten Bemühungen nehme ich Kontakt auf zu der „Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht“, kurz WASt genannt. Der verschollene Halbbruder der Erblasserin wäre, wenn er noch lebte, ein vorrangiger Erbe. Cousinen und Cousins sind in der gesetzlichen Erbfolge nachrangiger. Daher ist es entscheidend, über den Verbleib des Horst Lothar Müller eine klare amtliche Aussage zu erhalten. Die WASt teilt nach ca. 3 Monaten mit, daß sie Fragen über diesen Mann Mangels Unterlagen nicht beantworten kann (www.dd-wast.de).

Im November 2009 wird der Haushalt der Verstorbenen aufgelöst. In enger Abstimmung mit dem Nachlasspfleger gelingt es, die Papiere und Fotoalben zu erhalten. Ich muß versichern, daß ich allen interessierten Erben den Zugang dazu ermöglichen werde. Zwischen den Papieren finde ich noch Originalunterlagen aus den frühen 1950er Jahren über die vergeblichen Nachforschungsversuche nach dem verschollenen Horst L. MÜLLER: unter anderem ein kurioses Antwortschreiben des Polnischen Roten Kreuzes in der Britischen Zone; Organisationen der polnischen Exilregierung in London existieren unter dem Schutz der Briten nach 1945 offenbar noch weiter.   Außerdem finde ich Hinweise auf SUPPLIETH-Geschwister, Geschwister des 1918 gefallenen Vaters.

Der Familienname SUPPLIETH ist äußerst selten in Deutschland. Das aktuelle Telefonbuch nennt knapp 30 Einträge dieses Namens deutschlandweit. Ich telefoniere etwa die Hälfte dieser Namensträger ab. Ich kann keine Verwandtschaft zu erbberechtigen Familienmitgliedern ermitteln. Bei genauerem Studium der ererbten Papiere finde ich zwischen alten Durchschriften von Lastenausgleichsanträgen aus den 1950er Jahren auch Hinweise auf ein Erbverfahren, in dem es um Wertpapiere eines ebenfalls 1945 verschollenen Walter SUPPLIETH geht. Walter war ein Bruder des Erich, mithin ein Onkel der Erblasserin. Dieser Onkel war Lehrer in Königsberg und Besitzer von Wertpapieren, die auch nach 1945 noch werthaltig waren. Die Erblasserin war damals erbberechtigt neben anderen benannten Verwandten. Und diese benannten Verwandten waren eine Cousine und ein Cousin aus der SUPPLIETH-Linie.

Ich schreibe an Meldebehörden, werde an Stadtarchive weitergeleitet und erfahre folgendes: der SUPPLIETH-Cousin ist kinderlos und verwitwet schon vor etlichen Jahren in Stendal verstorben. Die SUPPLIETH-Cousine lebte in Gelsenkirchen, verstarb 1984 und hinterließ zwei Söhne mit Namen WITTENBERG. Es gelingt, einen davon in Dortmund lebend aufzuspüren.

Im Frühjahr 2010 versuche ich, erstmals telefonisch Kontakt aufzunehmen, um zu überprüfen, ob es sich um die richtige Person handelt. Wie beginnt man so ein Gespräch? Hallo, ich will mal eben wissen, wer Ihre Eltern und Großeltern waren, möglicherweise haben Sie was geerbt...? Klingt nach einer primitiven Telefonabzocke. Ich habe mein Anliegen wohl überzeugend dargestellen können. Man bestätigt bereitwillig und erfreut meine Vermutung. Ich habe einen Erbberechtigten gefunden. Damit erschließt sich auch der Zugang zu den anderen Erben aus dem Familienzweig mit einem Anrecht auf insgesamt 50 % des Nachlasses.

Im November 2010 scheint die schwierige Nachweisfrage mit sehr viel Papier, mit vielen Beglaubigungsstempeln und notariellen Bestätigungen amtlich befriedigend beantwortet. Wir werden beim Nachlassgericht vorstellig, um einen Erbschein zu beantragen. Es wird stundenlang und peinlichst genau jedes einzelne Verwandtschaftsverhältnis überprüft. Wo ist z.B. ein Bruder meiner Mutter geblieben, der in dieser Erbgeschichte auch erbberechtigt wäre? Meine Mutter hat ihn im August 1947 im russisch besetzten Ostpreussen beerdigt. Warum gibt es darüber keine ordentlichen Papiere? Weil der tote Bruder nahezu mit bloßen Händen in Schaaken verscharrt werden mußte. Niemand hat davon Notiz genommen. Es starben sehr viele Deutsche in dieser Zeit. Keiner hat sie gezählt oder erfaßt. Die sowjetischen Sieger behandelten die eroberten Deutschen nicht sonderlich pfleglich. Tote wurden einkalkuliert, waren teilweise auch beabsichtigt. Erinnerungslast steigt ins Bewußtsein, verdrängte Trauer und Fassungslosigkeit über die hilflos erscheinenden Erklärungsversuche vor einem korrekten Sachbearbeiter. Noch eine eidesstattliche Versicherung wird nötig.

Wegen des verschollenen Halbbruders der Erblasserin genügt keine eidesstattliche Versicherung. Er muß amtlicherseits für tot erklärt werden. Das ist ein langwieriges gerichtliches Verfahren, geregelt nach Verschollenheitsänderungsgesetz von 1951. Meine Mutter stellt im November 2010 beim Amtsgericht Oldenburg den entsprechenden Antrag. Im Juli 2011 ergeht ein gerichtlicher Beschluß über die Todeserklärung, der im September 2011 rechtskräftig wird. Nun endlich kann der Erbschein beantragt werden. Ein neuer Termin, erneute peinlich genaue Prüfung sämtlicher Urkunden und Verwandtschaftsverhältnisse – keine Beanstandungen. Ende Oktober 2011 gibt das Nachlassgericht Kiel den lang erwarteten Erbschein aus. Meiner Mutter steht nach gesetzlich geregelter Erbfolge ein Achtel vom Gesamterbe zu.

Der Erbschein und weitere beglaubigte Kopien von Personaldokumenten müssen bei der kontoführenden Bank der Erblasserin vorgelegt werden. Die Bank verweigert die Auszahlung und besteht auf Kündigungsfristen der dort hinterlegten Nachlasssumme. Erst voraussichtlich Ende Februar 2012 werden die Erbanteile an die Erbberechtigten ausgezahlt werden können. Ich hoffe, daß die betagten Erbberechtigten weiterhin gesund bleiben. Die Erfahrungen dieser Erbgeschichte sollte alle noch lebenden alten Ostpreußen und deren Verwandte motivieren, für ein ordentliches Testament zu sorgen, um den möglichen Erben aufwändige und kostspielige Nachweisbeschaffungen und Jahre dauernde, mühsame Verfahren zu ersparen.

Was hat es nun mit diesem merkwürdigen Namen SUPPLIETH auf sich? Ich habe nie danach besonders gesucht, aber die SUPPLIETHs auf SUPPLIETHEN sind mir gelegentlich bei meinen Recherchen im Berliner Staatsarchiv begegnet. So bin ich neugierig geworden auf diese Familie:

Die bisher älteste Kunde gibt eine Besitzbestätigung des Ordens im Jahre 1410 für Hanicke zu Sapolitten. In dieser Urkunde wird bestätigt, daß der Pruße Hanicke 3 Besitzbriefe vorweist, die er in eine Urkunde zusammengefaßt haben möchte. Ein Brief lautet über 3 Haken und ist ausgestellt vom Obersten Marschalck des Ordens Seyfried von Danefeld. Der nächste über 2 Haken ist ausgestellt vom Obersten Marschalck Ulrich von Jungingen und der 3. Brief über 3 Morgen ist unterzeichnet von Johan von Urich Landvogt zu Samland. Alle 3 Besitzbriefe hat Hanicke (zu seinem bestehenden Besitz Sapolitten wahrscheinlich hinzu-) erworben. In Anerkennung seiner getreuen Dienste wird seine vorgetragene Bitte gewährt. In der Schlußformel heißt es:Zu ewigen Gedächtniß undt Besezung dieser Dingen hab[en] Wir unser Insigel an diesen Brieff laßen hengen der da gegeben ist uff dem Hause Königsbergk nach der Jahr Zahl unsers Herrn vierzehen Hundert undt danach im Zehenden Jahr, den Freytag nach Epiphanie, des seindt gezeuge unser viel lieber Bruder, Bruder Friedrich Schotte Hauß Kumptur zu Königsbergk, Bruder Albrecht Graff von ..lemunde, Bruder Dietterich unser Capplan, Conradt Steinheimer unser Compan undt viel Erbar Leuthe." Das Datum Freitag nach Epiphanie müßte im Jahre 1410 umgerechnet dem 7.Januar entsprechen. Die Urkunde wurde also noch vor der desatrösen Schicksalsschlacht bei Tannenberg/Grunwald ausgestellt, in der so viele Ordensleute umkamen. Die Abschrift ist mit der Überschrift „Hanß und Melchior Supplit Handtveste“ versehen. Die angegebenen Flächengrößen entsprechen nach heutigem Maß insgesamt etwa 50 Hektar.

Die nächste Kunde über diese Familie liegt aus dem Jahre 1520 vor: 
        >>Trotz der scheinbar guten Verhältnisse zum Orden hatte sich, wie aus einem Vorkommnis des Jahres 1520 hervorgeht, der alte Glaube gerade im Pobethenschen besonders stark erhalten. In diesem Jahre, während des Krieges zwischen dem Orden und Polen, befürchtete Hochmeister Albrecht eine Landung der letzteren an der samländischen Küste. Der in Pobethen ansässige Valtin Supplit, ein preußischer Freier, der aber noch für einen geheimen Waideler, einen Priester der altpreußischen Religion, gehalten wurde, ließ dem Hochmeister mitteilen, daß er wohl ein Mittel zur Beruhigung der geängstigten Bewohner besäße, worauf ihn dieser auch gewähren ließ.
        Im Beisein aller Einwohner opferte nun Supplieth am Rantauer Ufer einen schwarzen Bullen, worauf sich der Sage nach das Ufer derartig im Aussehen veränderte, daß die zu Polen haltenden Danziger Schiffe nicht zu landen wagten. Auf dieses Wunder hin wurde Supplieth hoch verehrt, leider blieben aber durch diese Opferung auch die Fische dem Strande fern, so daß die Boote fünf bis sechs Meilen weit in die See fahren mußten, wozu aber viele nicht den Mut hatten, da eine Anzahl bei dem Wagnis ertranken.
        Die Klagen über das Fernbleiben der Fische kamen auch zu Supplieth, der ein Versehen darin zugab, daß er bei seiner Opferung alles vom Lande gewiesen habe und dabei die Fische nicht ausgenommen habe: diese würden aber durch ein neues Opfer wiederkommen.
        Über diese Opferung berichtet Hennenberg in drastischer Weise:
        Es hat onser lieber fromer Gott ein zeitlang Fische in fülle bescheret / was theten aber gottlose ondanckbare Buben: Henckten die Fische mit den schwentze auff / steupten sie / sprechende: sie solten so bald nicht wider kommen. Was geschicht: Gott entzeucht ihnen seinen gnedigen Segen nicht onbillich / das sie der Fische wenig genug fingen / derhalben hetten sie den Segen Gottes gern widerumb gehabt / suchen ihn aber nicht recht / Sondern es schlagen sich sechs Dörffer im Pobetischen Kirchspiel zuhauff / ond wehlen anno 1531 einen Worsskaite / nach alter Preußscher gewonheit / keuffen zwolff tonnen Bier / nemen eine fette Saw / darüber der Worsskaite etzliche Abgöttische Gebete thut / ihre Abgötter anrufent / ihnen wider glück zugeben / darnach schlachtet er die Saw / in beisein des Volckes / beyderley Geschlechts / solcher sechs Dörffer / brattens / fressen / sauffen / bis in den siebenden tag. Das Eingeweide / knochen / ond was sonsten obrig / verbrannten sie mit Fewer.
        Auf Geheiß des Bischof von Polentz und des Vogtes von Drahe in Schaaken mußten alle an dem Opfer anwesenden Männer - es waren ihrer dreiundsiebzig aus acht Dörfern - in Pobethen Buße tun. Zu diesem Zweck mußten sie sich halb angekleidet in dder Pobethener Kirche einfinden, wo ihnen der preußisch redende Pfarrer aus Legitten das verderbliche ihrer heidnischen Gebräuche vorhielt; darnach erhielt Supplieth von jedem seiner Genossen zwei Rutenstreiche. Noch ein Jahr mußten sie jeden Sonntag vor dem Altar stehen und fleißig den Strafpredigten zuhören. Diese Strafausführungen waren im ganzen Samland bekannt geworden, und um sie anzusehen, strömten von überall Leute herbei, so daß noch weitere Pfarrer im Freien predigen mußten. << (Quelle: Das westliche Samland, Oscar Schlicht, Dresden 1922)

Aus dem Jahr 1685 liegt eine inhaltsreiche Akte vor, die von Melchior Supplitt aus Supplitten berichtet, der mit seinem alten Vater (dem oben genannten Kirchenvorsteher Melchior Supplitt), mit dem Amtmann und der ganzen Nachbarschaft permanent im Streit liegt. Jahrelang brechen immer wieder Konflikte und Zwischenfälle aus, in denen sich nur Melchior SUPPLIETH immer wieder ungerecht behandelt sieht und er gelegentlich mit völlig überzogenen Maßnahmen zur Selbstjustiz greift. Dadurch eskalieren die Auseinandersetzungen und der Amtmann muß regulierend eingreifen. Es scheint, daß sich die ganze Welt gegen Melchior Supllitt junior verschworen hätte und er mit der ganzen Welt in ständiger Auseinandersetzung lebte - ein Alptraum für die Nachbarn, für die Behörden und Gerichte, die mit seinen Klagen überschüttet werden. Man nimmt ihn wohl nicht wirklich ernst, glaubt dem notorischen Querulanten nicht mehr und läßt seine Klagen länger unbearbeitet liegen, was diesen zu immer heftigeren Vorwürfen gegen die herrschaftlichen Amtsträger herausfordert. Am 2. und 3. August kommt es zu einem Ortstermin im Amt Grünhoff. Der dortige Amtmann muß sich verantworten vor den angereisten hohen Commissarii aus Königsberg, die die eskalierten Rechtshändel untersuchen und ein für alle Mal regeln sollen. In einem folgenden Beitrag werde ich die interessanten Akten im Wortlaut wiedergeben. Alles in allem ein Beispiel für eine vorbildlich reagierende preußische Justiz: korrekt und mit nahezu psychologischem Feingefühl begegnet man dem prußischen Kohlhaas, obwohl die Geduld der Beteiligten durch jenen Supplitt bis zum Äußersten strapaziert wird. Siehe auch : http://genealogischenotizen.blogspot.de/2011/12/klagen-des-melchior-supplieth-aus.html

In den sogn. Praestations-Tabellen (Steuerlisten) werden folgende Besitzer auf Suppliethen geführt:

1766  Friedrich SUPPLIETH 3 Hufen 6 Morgen 150 Quadratruthen
          George SUPPLIETH  3 Hufen 6 Morgen 150 Quadratruthen
          (zusammen ca. 105 Hektar)

1773  Friedrich u. George SUPPLIETH (Besitzgröße wie oben)
1778  wird Suppliethen so beschrieben:
Die cöl[lmischen] Einsaaßen der Dorfschaft Suppliethen geben ad protocollum, wie sie in der totalitaet 6 Huben 13 Morgen Land besäßen, von welchem drey Huben 13 Morgen in seinen apparten Grentzen und 3 Huben in den Grentzen der Dorfschaft Woythnicken lägen. Von diesem Lande zahlten jeder der zwey Frey Einsaaßen 2rthlr 25g 12½ s, wie solches in der angeschloßenen Praest.Tabelle näher nachgewiesen.
        Sind verpflichtet, zum Schloße, dem Amtshause, dem MertzKeller und dem Brauhause alle Baumaterialien conjunctim mit den anderen Freyen anzufahren, wozu beide eine Fuhre zusammen spannen, auch Handlanger zu stellen; Kirchen und Schulen Onera zu praestiren.
        Die Einwohner sind verpflichtet in der cöllmischen Pobethenschen Mühle zu mahlen, wovor Eigenthümer derselben einen Canonem an das Amt zahlet.
        Sie gehören zur Pobethenschen Kirche und zur Perteltnickenschen Schule.
Ein Radmacher Gottlieb Hübner, welcher unter denen Instleuten aufgeführet, hat Erlaubniß bis zum Absterben sein Gewerbe zu treiben, zahlet Schutzgeld an das Amt und Nahrungsgeld an die Accisecasse.

1778  sind die oben genannten Eigenthümer verstorben. Die Witwen führen den Hof weiter:
          Friedrich Supplieth Wittwe und George Supplieth Wittwe.
Auf dem Hof leben folgende Instleute: Melchior Roesnick, Gottlieb Hübner, Friedrich Ziegler bei der Wittwe Friedrich Supplieth. Johann Liedtcke, George Schwoebbe werden als Hirten beschäftigt.

1784  Samuel Gottlieb und Johann Ernst SUPPLIETH sind Besitznachfolger auf Suppliethen.
In den 1820er Jahren ist Suppliethen im Besitz von Samuel Gottlieb SUPPLIETH allein. Dieser besitzt noch weitere zugekaufte Flächen in der Nachbarschaft.

Um 1835 gerät Suppliethen in andere Hände. Ich vermute, daß es nach dem Tod des alten Samuel Gottlieb SUPPLIETH im Jahre 1828 im Zuge von Erbschaft und Teilung nach über 500 Jahren zum Verkauf des Familienbesitzes kam.

Die Namensträger leben hauptsächlich im mittleren westlichen Samland, in und um Pobethen. Siehe auch Adressbuch des Kreises Fischhausen von 1922: http://adressbuecher.genealogy.net/addressbook/547465e41e6272f5d04abf3c?offset=3150&start=S&max=25

Suppliethen: im Güteradressbuch von 1897 ist das Gut mit 197 Hektar eingetragen und liegt etwa 3 km südlich des Kirchdorfes Pobethen, etwa 20 km nordwestlich von Königsberg.

Mir liegen viele noch unveröffentlichte Daten zur Familie SUPPLIETH vor. Alle heutigen Namensträger sind wahrscheinlich auf die alte prußische Familie SUPPLIETH aus SUPPLIETHEN zurückzuführen. Gern beantworte ich Fragen und freue mich über Hinweise und Ergänzungen.

Labels: , , , , , ,

Sonntag, 4. Dezember 2011

Familiengeheimnisse, Gerüchte und rätselhafte Geschichten

Ella Haupt, 1980er Jahre
Meine Großmutter Ella HAUPT, geb. SCHMADTKE (*22.12.1895 in Canditten), verstarb im Alter von 92 Jahren am 6. August 1987. Damals reiste ich an der Ostküste der USA umher, monatelang ohne jeglichen Kontakt zur Familie in Deutschland. Telefonieren war teuer und eMail gab es noch nicht. Ich erfuhr erst nach meiner Rückkehr im Herbst 1987 von ihrem Tod. Während meiner USA-Reise habe ich teilweise Tagebuch geführt. Darin hatte ich auch die Beschreibung eines seltsamen Traums Anfang August vermerkt: Ich sah meine Großmutter mit starren Augen und geöffnetem Mund in ihrem Bett liegen und begriff ganz sachlich ohne größere Aufregung, sie müsse gestorben sein. Ich fand den Traum damals bemerkenswert, weil mich auf meinen Reisen ganz andere Dinge völlig ausfüllten und ich mit keinem Gedanken an Familienbelange dachte. Ich wunderte mich nicht weiter, als ich bei meiner Rückkehr von ihrem tatsächlichen Versterben erfuhr. Ich „wußte“ es ja bereits. Ich wunderte mich aber doch etwas, als mir mein Vater Jahre später einmal nicht ohne nachträgliche Entrüstung erzählte, Tante Irmgard hätte sich nicht überwinden können, Ella die Augen zu schließen und den Kiefer hochzubinden. Großmutter Ella sei in diesem Zustand in die Totenstarre gefallen.

Diese merkwürdige Koinzidenz beschwor die Erinnerung an Ellas Vater Ferdinand SCHMADTKE (*28.3.1865 in Grünwalde bei Landsberg, †3.1.1933 in Landsberg) herauf und die spukigen Geschichten, die sie über ihn erzählt hatte. Ich zitiere aus Ellas Aufzeichnungen, die sie im Jahr 1982 niederschrieb: >> Vater hatte einen Freund, der TBC-krank war und wußte, daß er bald sterben mußte. Mein Vater und noch ein Freund haben ihn oft besucht und weil nun jeder über den Tod andrer Meinung war, wurde abgemacht, daß der Tote kommen und erzählen solle, wie es ist. Als er gestorben war, kam er in der Nacht zu Vater. Der mußte aufstehen und erblickte eine helle Gestalt, die mit ihm redete und ihm sagte, er solle nicht mehr zu seiner Braut gehen, denn die heirate einen andern und vieles, was mein Vater später auch erlebt hat, auch über mich. Ich werde zwei Männer haben, es komme darauf an, wen ich heirate. Bei einem werde ich alles haben und bei dem andren werde ich Not leiden. Dies hat mir mein Vater erst erzählt, als ich mich entscheiden mußte. Nach dieser Aussprache mit dem Toten ist Vater mehrere Tage wie krank aussehend herumgegangen. Auf Fragen seiner Eltern und Geschwister gab es keine Antwort. Die Antwort auf die Frage, wie der Tod sei, beantwortete er so: „Es ist nicht so, wie du oder ich gedacht haben – es ist ganz anders!“ <<

Ferdinand Schmadtke
Ella meinte, ihr Vater Ferdinand sei „spökenkiekerisch“ veranlagt gewesen. Und sie war außerdem fest davon überzeugt, daß ihr der Vater geholfen hätte zu überleben, als sie 1945 auf der Flucht ihre Familie verlor und bis 1948 unter schrecklichsten Bedingungen im sowjetisch besetzten Ostpreußen festgehalten wurde. Sie träumte in jenen furchtbaren Jahren oft von ihrem verstorbenen Vater, der ihr im Traum mitteilte, wo sie noch etwas zu essen finden könne, wo sie sich vor Gefahren in Acht zu nehmen habe und – das Wichtigste – daß sie ihre Familie wiederfinden werde. Das habe ihr mehrfach aus dem Schlimmsten herausgeholfen. Ohne diese Traumgeschichten hätte sie sich einfach entkräftet in den Schnee sinken lassen und so oder auf andere Weise dem Leiden ein Ende gesetzt. An Gelegenheiten dazu fehlte es nicht.

Sollte etwas von diesen merkwürdigen Fähigkeiten auf mich gekommen sein? Der Verdacht liegt nahe. Ich träume jede Nacht heftig und oft mehr als mir gut tut. Wenn ich immer meine lebhaften Traumgeschichten aufschriebe, ich käme zu nichts anderem mehr. Einiges davon bleibt dennoch nachhaltig im Gedächtnis und führt gelegentlich zu seltsamen déjà-vue-Erlebnissen.

In Ellas oben zitierten Ausschnitt aus ihren Aufzeichnungen gibt es einen bemerkenswerten Satz: „Ich werde zwei Männer haben, es komme darauf an, wen ich heirate.“ Wer waren diese Männer? Einer davon war Wilhelm HAUPT (*31.12.1893 in Schippenbeil, †12.2.1946 in Lehnin/Brandenburg), mein Großvater. Mit ihm hatte sie 8 Kinder, das 7. in der Reihe war mein Vater. Aber bekanntermaßen gab es dann noch Onkel Walter (*16.12.1920, †1983), ihr allererstes Kind von dem großen Unbekannten, der gleichfalls um sie warb. Großmutter Ella hatte mehrfach und in Varianten davon erzählt, daß dieser Unbekannte aus verschiedenen Gründen ihrer Familie und ihren älteren Halbschwestern nicht genehm war. Der Wilhelm HAUPT schien solider zu sein, einziger Sohn eines stattlichen Hofbesitzers bei Schippenbeil. Der andere Kandidat konnte vermutlich weniger Garantien für ein auskömmliches Familienleben vorweisen, löste aber wohl tiefere Gefühle und größeres Begehren aus.

Meine Großmutter habe ich als eher sachlich vernünftig erlebt, keine überbordenden Emotionen, gelegentlich schimmerte ein Hang zur Melodramatik durch in ihren Erzählungen. Aber wenn sie noch im Alter von über 80 Jahren mit unterschwelligem Bedauern an eine nicht gelebte Liebe zurückdenkt, muß dieser unbekannte Mann doch auf seine Weise sehr bemerkenswert gewesen sein. Außerdem gilt zu bedenken, daß meine Großmutter zur Zeit dieser Affäre kein Backfisch mehr wahr, sondern nach damaliger Einschätzung schon fast ein „spätes Mädchen“ von 24 Jahren. Ellas Halbschwestern spielten eine ambivalente Rolle in der Geschichte. Zum besseren Verständnis sollte ich wohl vorher die Familienverhältnisse genauer aufrollen:

Johanna Schikorr
Johanna Friederike SCHIKORR (*22.9.1853 in Canditten, †16.12.1941 in Landsberg/Pr.Eylau), meine Urgroßmutter, war in erster Ehe verheiratet mit einem Herrn SCHIRMACHER in Canditten. Von ihm weiß ich keine weiteren Daten, nur das, was Großmutter Ella beiläufig berichtete. Leider gibt es keine Kirchenbücher mehr aus Canditten für diese Zeit, um genaueres zu erfahren. Aus dieser ersten Ehe stammen 4 Töchter: Hulda SCHIRMACHER, verehelichte BÖHNKE (*27.2.1887 in Canditten, 31.12.1949 für tot erklärt, verschollen in Königsberg); verehelichte LINDENAU; verehelichte KNORR; verehelichte SCHÖNFELDT. Vornamen und weitere Daten zu den unbenannten Schwestern sind nicht überliefert und mangels Quellen nicht mehr zu recherchieren.

Die verwitwete Johanna Friederike SCHIKORR angelt sich in zweiter Ehe 1894 einen jüngeren Mann: Ferdinand SCHMADTKE heiratet mit 29 Jahren, während Johanna gerade die 40 überschritten hat. Älteste Tochter aus dieser Verbindung ist die schon erwähnte Ella SCHMADTKE *22.12.1895, zweites und letztes Kind Frieda SCHMADTKE, beide in Canditten geboren.

Ella Schmadtke 1912
Hier sollte ich wieder einen thematisch passenden Auszug aus Ellas Erinnerungen ihrer Jugend in Canditten einfügen: >> Mutter, geborene Schikorr, war die einzige Tochter. Von den drei Brüdern bleib nur der Jüngste am Leben. Als der erste [älteste] Bruder zu den Soldaten kam, wurde ihm beim Exerzieren auf dem Kasernenhof schlecht und er mußte sich hinlegen. Der Tod trat nach ein paar Tagen ein und das Gleiche geschah auch beim zweitältesten Sohn. Die Großmutter [Dorothea Gotthilf SCHIKORR, geb. POTTRICK, *27.2.1825 in Windkeim, †30.3.1889 in Canditten] wäre bald vor Gram gestorben. Onkel Hermann [Schikorr], der jüngste, wurde vom Soldatenspielen befreit. Er war 12 Jahre im Dorf Canditten Bürgermeister. Ich kann mich noch gut an ihn erinnern. Seine erste Frau starb an TBC. Ich kenne nur die zweite Frau.
Mein Vater war auch Mutters zweiter Mann. Der erste Mann von Mutter ist auch an TBC gestorben. Mutter hatte zwei Onkels, die königliche Oberförster in der Rominter Heide waren und sich zu Besuch angemeldet hatten. Alles war vorbereitet und Mutter war auch sauber angezogen worden. Da kam ihre Freundin zu ihr und verlangte ein Stück Zucker, sonst sei sie giftig auf sie, also böse. Der Zucker stand hoch an der Wand auf einem Brett, denn sie hatten noch ein kleines Kolonialwarengeschäft. Mutter war noch klein und kletterte auf die untenstehende Mehltonne, wollte nach dem Zucker angeln. Da drehte sich der Deckel und sie fiel in die Mehltonne. Als man sie aus der Tonne gezogen hatte, kamen die Onkels und wollten das „Hannchen“ begrüßen. Sie versteckte sich hinter Mutters Rock und drehte sich immer mit Ihrer Mutter hinter dem Rock mit. Dies hat uns Mutter selbst erzählt.
Der Großvater Schikorr [Carl Ludwig SCHIKORR, *31.12.1821 in Gallingen, †2.6.1902 in Canditten] war ein Pferdeliebhaber und als er eines Tages sein gekauftes Pferd im Garten nochmal beschauen wollte, stolperte er über eine Baumwurzel und brach sich die Hüfte. Nun saß er in einem schwarz lackierten Korbstuhl, der eine Kopfstütze hatte, am Fenster. Von da konnte er die Dorfstraße entlangsehen, den Stock hatte er neben sich stehen. So fand ich ihn immer sitzen, wenn Mutter mich zu ihm schickte. Onkel Hermann mußte die Wirtschaft übernehmen. Er war aber zum Gärtner ausgebildet. So hat er einen großen Obstgarten angepflanzt. Die Äpfel wurden mit Handschuhen gepflückt, in Kisten gepackt und nach Königsberg in die Markthalle gebracht, wo jeder seinen Stand hatte und die Äpfel teuer verkauft wurden. Die andren Bauern haben immer gern über ihn gespottet, er hätte auf seinem Sand Gemüsebeete gemacht. Es waren Versuchsfeldbeete und wenn er nachher besseren Hafer usw. erntete, dann hieß es „dem glückt alles.<<

Wie ging es nun weiter mit der rätselhaften ersten Liebe meiner Großmutter?

Als nicht mehr zu übersehen war, daß eine Begegnung Folgen zeitigte, daß meine Großmutter in anderen Umständen war, fühlte sich die Familie genötigt, zwecks Rettung des Ansehens und Anbahnung geordneterer Verhältnisse energisch einzuschreiten. Meine Großmutter wurde umquartiert zu einer ihrer älteren Halbschwestern. Die Töchter aus erster Ehe von Johanna SCHMADTKE, verwitwete SCHIRMACHER, geb. SCHIKORR, waren schon jahrelang gut unter die Haube gebracht, wie man damals sagte. Bei einer dieser Schwestern, wo sie zu Gast war, so berichtete Ella mit verhalten melodramatischem Unterton, habe sie auf ihrem Nachttischchen eine Röhrchen mit Schlaftabletten vorgefunden. Sie habe aber nicht daran gedacht, dieser subtilen wie perfiden Aufforderung Folge zu leisten. Die Umstände sollte sich anders fügen. Halbschwester Hulda BÖHNKE, geb. SCHIRMACHER, wollte den unehelich geborenen Walter gern adoptieren, da es an eigenen Kindern fehlte.

Aus Ellas mündlich überlieferten Erzählungen, so wie ich sie erinnere: Während Ella zu Gast bei einer der Halbschwestern der bevorstehenden Geburt entgegensah, versuchte der Vater des Kindes herauszufinden, wo Ella geblieben war. Als er sie fand und besuchen wollte, sagte man ihm, Ella wolle nichts mehr von ihm wissen. Und Ella sagte man, das sei ja ein schöner Vater, der nach Bekanntwerden der Schwangerschaft nun nichts mehr von sich hören ließe. Auf diesen Mann sei kein Verlass.

Ella & Wilhelm Haupt 1921
So kam doch noch mein Großvater Wilhelm HAUPT zum Zuge, der bevorzugte Kandidat der Familie, aber nur zweite Wahl meiner Großmutter. Aus den Geschichten meiner Onkel und Tanten hörte ich immer wieder, Wilhelm HAUPT habe seine Ella - er sagte immer Ellen, weil er Ella zu gewöhnlich fand – er habe sie abgöttisch geliebt. Ob er wohl gemerkt hat, daß er „nur“ zweite Wahl war? Ob Ella es ihn gelegentlich hat merken lassen? Passende Gelegenheiten hätte es sicherlich dazu gegeben, wenn man an die tragische Existenz meines Großvaters denkt: das Scheitern als Gutsbesitzer, der Bankrott als Folge der Inflationszeit, die eher als schmachvoll empfundenen Inspektoren- und Verwalterstellen auf anderen Gütern und dann ab 1932 der mühsame Aufbau eines eigenen bescheidenen Besitzes, was nur noch -wegen des Bankrotts- auf den Namen meiner Großmutter möglich war.

Aber wer war nun der große Unbekannte und erste Mann im Leben meiner Großmutter? Ich selbst habe zu Lebzeiten meiner Großmutter nie zu fragen gewagt. Um ehrlich zu sein, kann ich mich nicht erinnern, je daran gedacht zu haben. Mit Anfang 20 war ich noch gänzlich unbewußt in die subtilen Tabus der Familie eingebunden. Ich wagte nicht, heikle Fragen zu stellen. Nicht wegen meiner Großmutter. Sie hätte mir vielleicht etwas erstaunt, aber sicherlich unumwunden und ohne falsche Scham Auskunft gegeben. Aber da waren die vielen älteren Geschwister meines Vaters. Und ich war nur das Kind vom Werner, dem 7. Kind der Reihe – Walter nicht mitgerechnet. Mir stand es einfach nicht zu, etwas zu hinterfragen, was nicht von vornherein die Billigung der Familie gefunden hätte. Ich dachte und empfand das damals nicht bewußt, sondern „funktionierte“ ohne zu reflektieren in diesem gewissermaßen ziemlich beschränkten Rahmen des Familiensystems.

Ob Walter Böhnke gewußt hat, wer sein leiblicher Vater gewesen ist? Ich habe wirklich keine Ahnung. Wenn er etwas wußte, hat er wohl bevorzugt, darüber zu schweigen. Offiziell ist er von den Böhnkes adoptiert worden und sie stehen als Eltern in seinen Papieren. Kein Hinweis auf seinen leiblichen Vater, sagen seine Kinder. Walter hat 2 Töchter aus erster Ehe und einen Sohn aus zweiter Ehe. Sie kennen den Vater ihres Vaters nicht. Alle Zeitzeugen, die man noch fragen könnte, sind bereits lange verstorben. Man kann nur kühne Rückschlüsse ziehen aus Walters physischer Erscheinung und seinem gewissen Charisma und Charme, um sich das sicherlich attraktive Auftreten seines Vaters vorzustellen.

Es bleibt die Frage: wer war der unbekannte Mann und was ist aus ihm geworden? Warum hat niemand vor mir diese Frage gestellt?

Wer mehr über Canditten wissen will (im 20. Jh. auch Kanditten, polnisch Kandyty), findet z.B. hier weiterführende Informationen: www.natangen.de/ 

Link zu Familiendaten SCHMADTKE:
http://gw.geneanet.org/viktorh_w?lang=de&m=S&n=Schmadtke&p=



Labels: , , , , ,

Freitag, 2. Dezember 2011

Die Königsberger Kirchenbuchkartei - eine weniger bekannte Quelle

Wer Vorfahren recherchieren muß, die in der Stadt Königsberg gelebt haben, sieht sich meistens vor die Frage gestellt, in welchen Kirchenbüchern er suchen soll. Es gab zeitweilig an die 20 verschiedene Kirchengemeinden in dieser Provinzhauptstadt. Wenn man nicht genau weiß, wo die Vorfahren gewohnt haben, hat man eine kaum zu bewältigende Aufgabe vor sich. Außerdem ist zu bedenken, daß z.B. die schiere Anzahl der Eintragungen einer Königsberger Kirchengemeinde weit über das Übliche einer Kirche auf dem Lande hinausgehen kann. 300 bis 500 Geburtseinträge pro Jahr sind keine Seltenheit. Bei einer Dorfkirche findet man vielleicht 100 Geburtseinträge pro Jahr. Der Suchaufwand in den Königsberger Kirchenbüchern ist enorm und die Ergebnisse sind meistens frustrierend.

In allen solchen Fällen ist es sehr hilfreich, auf die sogn. Königsberger Kirchenbuchkartei (KKK) zurückgreifen zu können. Das ist eine alphabetisch sortierte Kartei mit den Kirchenbucheintragungen sämtlicher Königsberger Kirchengemeinden. Über die Entstehung und den Umfang gibt folgender Text Auskunft:

>> Vorbemerkung
Als seit 1933 der Ansturm auf die Kirchenbücher zur Erlangung des sogenannten arischen Abstammungsnachweises einsetzte, wurde die Anlegung von alphabetischen Kirchenbuchregistern größeren Stils notwendig. Die Erledigung der überaus zahlreichen Anfragen war für die einzelnen Pfarrämter mit erheblichem Zeitaufwand verbunden. Dem Suchenden war zwar der Tauf- Trau, oder Sterbeort, oft aber nicht die betreffende Gemeinde bekannt. In Städten mit mehreren Pfarrbezirken mußte daher die gleiche Sucharbeit häufig mehrfach geleistet werden. Überparochiale Kirchenbuchkarteien konnten also für Orte mit mehr als zwei Pfarrbezirken von großem Nutzen sein. Nach Erstellung der alphabetischen Kirchenbuchkarteien sollten die Kirchenbücher nur noch in Zweifelsfällen herangezogen werden.

Der erste Versuch einer solchen Kartei wurde für die evangelischen Kirchenbücher der Stadt Berlin unternommen. Hier wurden im Jahr 1936 die Taufbücher sämtlicher Gemeinden aus der Zeit von 1800 – 1874, d.h. bis zur Einführung der Standesamtsregister in Preußen, verkartet und alphabetisch geordnet. Durch die einfach Verkartung jeder Kirchenbucheintragung und ihre alphabetische Einordnung war es möglich, in ziemlich kurzer Zeit mit nicht allzu hohen Kosten einen umfangreichen Kirchenbuchbestand in seinem Namengut zu erfassen. Die einzelnen Familiennamen wurden lexikalisch geordnet. Eine Ordnung nach Familien, wie der Genealoge sie anstrebt, schien nicht durchführbar. Der Aufbau der Berliner Kartei diente anderen Städten als Muster (Hannover, Königsberg).

Kirchenbuchstelle Königsberg
Die Gründung der Kirchenbuchstelle erfolgte Anfang 1937 durch den Gesamtverband der evangelischen Kirchengemeinden Königsberg. Am 15.2.1937 wurde mit der Verkartung der evangelischen und der freikirchlichen Kirchenbücher sowie der jüdischen Personenstandsunterlagen begonnen. Im einzelnen handelte es sich um die Kirchenbücher der evangelisch-lutherischen sowie der deutsch- und französisch-reformierten Gemeinden. Hinzu kamen Kirchenbücher der Baptisten, Altlutheraner, Irvingianer, Mennoniten, Altkatholiken, der christlich-katholischen und der katholisch-apostolischen Gemeinde; ferner die Königsberger Juden- und Dissidentenregister. Alle Bücher waren vor Beginn der Verkartung in der Kirchenbuchstelle zusammengezogen worden. Die Begründung der Kirchenbuchstelle durch eine kirchliche Einrichtung und die Finanzierung der Verkartungsarbeiten im überwiegenden Maße aus kirchlichen Mitteln erklärt sich aus dem Fehlen eines seit 1935 nur im Entwurf vorliegenden Sippenamts- bzw. Sippenbuchgesetzes.

Die Errichtung und Verkartungsarbeiten der Kirchenbuchstelle vollzog sich „im engsten Einvernehmen“ mit den zuständigen staatlichen und Parteidienststellen. Nach dem Runderlaß des RuPrMdI vom 29.5.1936 über Maßnahmen zum Schutz der besonders stark beanspruchten Kirchenbücher (RMBliV S.757) gab das Reichssippenamt (vorher Reichsstelle für Sippenforschung – Sachverständiger für Rassenforschung beim RmdI, s. RMBliV 1936 S.212) Anregungen für eine sachgemäße Aufbewahrung der Kirchenbücher und deren Verkartung.

Das dem Reichsministerium des Innern unmittelbar nachgeordnete Reichssippenamt war zuständig für die Durchführung der Rassegesetzgebung, die Nachprüfung von Abstammungsnachweisen, den Schutz und die Erhaltung beschädigter Kirchenbücher, die Förderung der sippenkundlichen Forschung und die Vorarbeiten für eine geplante Sippenamtsorganisation. Der Direktor des Reichssippenamts war zugleich Leiter des Amts für Sippenforschung, einer damals in allen Gauen im Ausbau begriffenen selbständigen NSDAP-Dienststelle; als solcher gehörte er der Parteikanzlei an. Die Aufgabe dieser Parteidienststelle bestand in der Durchsetzung und Wahrung aller parteiamtlichen Ziele und Interessen auf dem Gebiet der Sippenkunde; sie allein war zuständig für den Abstammungsnachweis der Parteimitglieder. Kompetenzschwierigkeiten, die sich für die Kirchenbuchstelle aus der im Auftrag der Gauleitung Ostpreußen der NSDAP durch den NS-Lehrerbund geplanten Errichtung einer Gausippenstelle, deren Aufgabe die Verkartung des gesamten Quellenmaterials zur Sippenkunde im Gau Ostpreußen sein sollte, ergaben, wurden zugunsten der Kirchenbuchstelle beseitigt. Dipl.Ing. Erich Neuber, Angestellter der Kirchenbuchstelle Alt-Berlin, wurde Vorstand des Gesamtverbandes der evangelischen Kirchengemeinden Königsberg als Geschäftsführer mit dem Aufbau der Kirchenbuchstelle und der Überwachung der Verkartungsarbeiten betraut. Im August 1937 übernahm Dr. Heinrich Blanck die Aufgaben des Geschäftsführers, nachdem Herr Neuber aus der Kirchenbuchstelle ausgeschieden war. Bei der Verkartung wurden zeitweilig bis zu 60 Arbeitskräfte beschäftigt, die in zwei Schichten tätig waren.

Die Kirchenbuchstelle Königsberg hatte von der Gründung bis zum 4. April 1838 ihren Sitz am Steindamm 79-80, dann bis zum 19. März 1944 in Neue Dammgasse 12 und schließlich im Staatsarchiv Königsberg, Adolf-Hitler-Str. 31.

Umfang, Zustand, Inhalt
Die Verkartung erfaßte alle evangelischen und freikirchlichen Gemeinden, einschließlich der Elisabethgemeinde, des Löbenichter Hospitals, des Friedrichskollegs sowie der Schloßzivilgemeinde, mit Ausnahme der römisch.katholischen und der Militärgemeinde. „Fremdstämmige“ wurden dreimal erfaßt:
1. für die allgemeine Kartei
2. für die Fremdstämmigenkartei der Kirchenbuchstelle
3. für die Fremdstämmigenkartei des Reichssippenamts.

Es war beabsichtigt, die Tauf- Trau- und Sterbebücher aus der Zeit von 1750 – 1874 zu verkarten. Wegen der in älterer Zeit häufig sehr knappen Angaben in den Traubüchern wurden die Aufgebotsbücher als Ergänzung hinzugezogen.

Die Taufkartei, ihrem Umfang nach die stärkste, wurde von vornherein zwecks übersichtlicher Benutzung in zwei Alphabeten angelegt; den Einschnitt bildete das Jahr 1825. Die Traukartei war für den gesamten Verkartungszeitraum in einem Alphabet geplant. Wahrscheinlich noch während der Verkartungsarbeit wurde auch sie in zwei alphabetischen Reihen geordnet, hier mit dem Jahr 1789 als Einschnitt. Sowohl für die Tauf- als auch für die Traukartei wurde je eine männliche und eine weibliche Reihe gebildet. Von der Taufkartei war bis Mitte August 1937 der Teil 1826 – 1874 fertiggestellt, für den Teil 1750 – 1825 waren die Zettel geschrieben. Im September 1938 war die Arbeit an beiden Abteilungen der Taufkartei sowie an der Traukartei 1790 – 1874 abgeschlossen. Die Traukartei 1770 – 1789 befand sich in Vorbereitung. Die Arbeit an der Traukartei 1765 – 1789 wurde im Februar 1939 beendet. Bis zum August 1941 waren weiterhin die Traubücher folgender Gemeinden verkartet:
- Altroßgarten         1750 – 1764
- Steindamm           1750 – 1764
- Löbenicht, Hospital 1750 – 1764
- Altstadt                1754 – 1764
- Neuroßgarten       1753 – 1764
Bis Ende Februar waren abschließend dann folgende Traubücher erschlossen:
- Altstadt                1750 – 1754
- Burg                    1750 – 1764
- Dom                    1750 – 1764
- Frz. Reform.        1750 – 1764
- Haberberg           1750 – 1764
- Löbenicht            1750 – 1764
- Schloß                 1750 – 1764
- Neuroßgarten      1750 – 1753
- Tragheim             1750 – 1764

Damit war die gesamte Traukartei nutzbar geworden. Die Verkartung der Sterbebücher ist allem Anschein nach nicht durchgeführt worden. Aus den Akten des Reichssippenamts geht hervor, das die Kartei in den Kriegsjahren wegen Personalmangel nur mit Mühe fertiggestellt wurde.

Der hier vorliegende Teil der Königsberger Kartei umfaßt mit geringfügigen Ausnahmen bei den Taufen die Zeit von 1826 – 1874, bei den Trauungen die Zeit von 1790 – 1874. Die fast vollständig erhaltene „Fremdstämmigenkartei“ der Kirchenbuchstelle erstreckt sich mit Lücken für Geburten bzw. Taufen auf die Zeit von 1704 – 1935, für Trauungen von 1716 – 1874.

Die Kartei ist vermutlich zusammen mit Kirchenbüchern und Standesamtsregistern aus den östlichen Provinzen während des Krieges nach Mitteldeutschland verlagert worden; mit diesen ist sie im Sommer 1947 nach Berlin gelangt. Über den Verbleib der Taufkartei 1750 – 1825 und der Traukartei 1750 – 1789 konnte nichts ermittelt werden.

Der hier ruhende Teil umfaßt 667 Ordner, die je etwa 400 Zettel im Format 21 x 9 cm enthalten. Aus der in der Kirchenbuchstelle Königsberg vorgenommenen Zählung ist zu ersehen, daß 48 Ordner fehlen, über deren Verbleib hier nichts bekannt ist. Es handelt sich im einzelnen um folgende Nummern:
- Taufen, männlich: Nr. 56
- Taufen, weiblich: Nr. 50, 53, 61, 66, 69, 74, 94, 108, 126, 132, 136, 147, 155, 157, 163, 165, 174, 178, 180, 192, 194, 196, 200, 213
- Trauungen, männlich: Nr. 21, 23, 31
- Trauungen, weiblich: Nr. 9, 14, 18, 28, 39, 54, 74, 79/80, 84, 96, 106, 108, 114, 117/118, 122/123, 125, 135

26 Ordner waren stark beschädigt und mußten neu gebunden werden. << Zitat Ende.

Aus der Vorbemerkung des "Findbuchs VIII. Hauptabteilung B23 Königsberger Kirchenbuchkartei" im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem (GStAPK).

Siehe auch: http://genealogischenotizen.blogspot.com/2009/03/ortsfamilienbucher-bequeme-quellen-zur.html



Labels: , , , ,